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Schenkelgucker

Heiße Höschen erobern die Alltagslaufstege der Ottonormalverbraucher. Folgt man den Schauentrends, verdecken Männer ab den ersten Sonnenstrahlen 2007 untenherum nur das Nötigste. Muss das denn sein?

Von Julia Schröder

Da sitzt man vor den Catwalkfotos und fragt sich, ob die Modeschöpfer zuviel Duftwasser inhaliert oder sich beim Abstecken versehentlich an den falschen Fingern akupunktiert haben – welcher normale Kerl soll denn solche Stoffpröbchen tragen? Denn im Gegensatz zu männlichen Models läuft der Nachbar, Freund oder Bruder nicht mit federndem Gang, knochige Hüften und androgynen Gesichtszüge herum. Nicht von Knie entblößenden Bermudas ist die Rede, sondern von knackig kurzen Shorts, gern auch in Latex oder Lack, die einen Blick auf den Langen Oberschenkelanzieher, dem Musculus Adductor Longus, freigeben. Und hoffentlich nur auf den.

Man kann es schon jetzt erahnen, das „Hach, das ist doch Retro!“-Gequieke. Klar trug man in den Siebzigern Shorts, aber man muss doch nicht jeden Trendscheiß recyclen. Wo kämen wir denn da hin? Angefangen bei den modischen Männern der römischen Antike, die ihre Tuniken mit Urin bleichten, um ihre Körper im Barock in Korsetts zu prügeln. Und 2010 kommen dann kleine schwarze Warzenpflaster und mit Reismehl bepuderte Perücken wieder in die Läden? Manchmal sollte man Dinge ruhen und Männern ihre Würde lassen. Es gibt schon genug Frauen, die sie über Bord werfen und auf Teufel komm raus ihre Rollen in Baumwollstreifen stopfen, bis der Hintern unten wieder rausfällt. Einfach mal einen Modetrend auslassen, das wär’s gewesen.

Doch wenn Miuccia Prada auf den Mailänder Shows den Stoffnotstand ausruft, folgt die Modewelt. Die Frau setzt Trends und leider heißt das für den Sommer 2007: ganz viel Männerbein. Shorts zu Sakko, Mini-Hose zu Maxi-Mantel, in lustigen Materialien, eng oder weit – egal, Hautpsache kurz. Wollen wir das sehen? Für den gemeinen weiblichen Shortträger gilt: Beinrasur. Angenommen, der männliche Träger ist mit üppigem Haarwuchs bedacht, dann gibt es sicher Frauen, bei denen das Weibcheninstinkte auslöst. Doch ich möchte behaupten, dass es mindestens genauso viele gibt, die ein Gebüsch unter knappen Hosen alles andere als anziehend finden. Und dann? Wachsen, epilieren, wegcremen? Um dann einen Sommer lang gegen extrem stoppeligen Nachwuchs zu kämpfen? Männer, überlegt euch das gut! Schwarze Punkte auf den Beinen sehen ebenso ätzend aus wie Reizpickel – und der Dreitagebart gehört nun einmal ins Gesicht. Ein netter Po oder stramme Waden, davon haben schon viele Frauen geschwärmt, doch das Kompliment „Er hat so sexy Oberschenkel in seinen engen Shorts“? Noch nie gehört.

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