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Siegfried Lenz: Der Überläufer

Der eigentliche Erstling von Siegfried Lenz ist ein dezidierter Antkriegsroman – so anti, dass der Verlag 1951 dem jungen Autor noch dezidierter von einer Publikation abriet. Zu unvorstellbar war weiterhin die Vorstellung eines deutschen Soldaten, der die Seiten wechselt, zu unerwünscht ein literarischer Hinweis auf deutsche Schuld. Das Land war noch nicht reif für Lenz’ Deutschstunde … Zu Beginn verteidigt eine Handvoll deutschstämmiger Soldaten einen im wahrsten Sinne versumpften Vorposten gegen eine Übermacht Partisanen. Lenz schildert dieses Brüten, Warten und Sterben, den sinnfreien Kampf gegen Mücken, Hitze und Maschinengewehrgarben mit einigem Schalk. Jaroslav Hašeks braver Soldat Schweijk schwingt mit, wenn der dürre Soldat Zwiczosbirski über den Krieg sagt: „Einer sucht Kugel und findet sie nicht, ein andrer sucht keine Kugel und kriegt sie gebrannt auf Pelz. Krieg is Iberraschung.“ Um sein Leben zu retten und aus Verbitterung über die „Klicke“, die kriegstreibenden Nazibosse, schließt sich der Protagonist Proska der Roten Armee an. Und Lenz, der am Ende des Zweiten Weltkriegs selber desertierte, ändert seinen Ton, wird trauriger, desillusionierter. Bis an den Punkt, an dem Proska mit dem zweiten von zwei fatalen Schüssen die Hoffnung auf ein späteres, glückliches Leben tötet.

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