„Simple“: Vier Frauen – behindert, aber taff
Vier geistig behinderte Frauen in einer WG in Barcelona wollen frei sein und widersetzen sich behördlicher Bevormundung: Die so witzige wie einfühlsame Serie „Simple“ startet auf ZDFneo und in der ZDF-Mediathek.
Sie sind ständig vom Rauswurf aus der WG bedroht und scheren sich einen Dreck darum, was man von ihnen hält. Gut, manche aus der Vierer-WG wollen sich keine Nachteile einhandeln. Ansonsten haben sie ihre eigenen Probleme, um die sich die vier behinderten Frauen in der Serie „Simple“ – jetzt auf ZDFneo und in der ZDF-Mediathek – kümmern.
Die spanische Serie „Simple“ beginnt mit einigem Klamauk, und schnell möchte man sie für billige Pointen irgendwie abstrafen, zum Beispiel durch Streamingentzug. Doch wenn man die Serie professionell schaut, geht das halt nicht, und das war gut so. Denn: „Simple“ geht absichtlich grenzwertig vor: Vier behinderte Frauen sollen sich so sehr daneben benehmen, wie es nur irgend geht. Warum auch nicht? Nichtbehinderte dürfen das doch auch.
Die sexsüchtige Marga (Natalia de Molina, „Frieden, Liebe und Death Metal“) reißt auf der Straße alles auf, was bei Drei nicht auf den Bäumen ist, Außerdem lässt sie auf dem Balkon die Hosen runter, als unterhalb der Wohnung ein Straßenfest stattfindet, und sie schaut nachts so laut Pornos, bis das ganze Haus wach ist und im Treppenhaus Rabatz macht. Und woher hat Patri (Anna Marchessi) das Geld, mit dem sie ihrem Freund ein neues Handy gekauft hat, das der gar nicht will? Etwas aus der Haushaltskasse?
Die ist nämlich leer, und Ángels (Coria Castillo) die einzige WG-Genossin mit sozialer Verantwortung – der WG-Klassiker! –, weiß nicht, wie sie den nächsten Lebensmitteleinkauf bestreiten soll. Da Ángels aber eine aktuell abstinente Spielsüchtige ist, weiß man sofort, wo sie demächst zu finden sein wird. Bleibt noch Nati (Anna Castillo), die Linksintellektuelle der WG, die alles immer gleich kapitalismuskritisch hinterfragt und trotz all ihrer diktatorischen Anwandlungen („Sei still, oder ich schubs’ dich!“) versteckt altruistisch agiert und vor allem Marga nicht nur kontrolliert, sondern auch immer wieder berät, was Umsicht im Umgang mit Männern abbetrifft. Tragisch aber wird es, als man sukzessive erfährt, aus welchem Umfeld Nati kommt und warum sie in dieser WG gelandet ist. Im Lauf der Serie entwickelt sich die Handlung immer stärker zu einem Drama im Kampf um den Verbleibt in der WG.
Die Vorlage zur Serie „Simple“ kommt von der Rechts- und Politikwissenschaftlerin Cristina Morales, die zudem Tänzerin und Choreografin im zeitgenössischen Tanz ist. Morales hat schon mehrere Romana veröffentlicht, ihr Buch „Leichte Sprache“, das die Vorlage zu „Simple“ war, ist bei Veröffentlichung für seinen derbe, aber klaren Stil gefeiert worde. Die katalanische Theaterprofessorin und Regisseurin Laura Jou hat die Serie gedreht.