Simply Red: Mick Hucknall
Mick Hucknall
Mick, der Rotschopf mit der Schmusestimme, könnte Eichels Steuerpläne vertonen, die Leute würden jede Simply-Red-Platte ungehört kaufen. Seit 15 Jahren ist er bestens im Geschäft. Seine neue CD „Love and The Russian Winter“ (eastwest) verkauft sich wie geschnitten Brot: Platin nach ?? Tagen, …, die Tournee ist ????
So einem schüttelt eine Journalistin nicht einfach die Hand und stellt dumme Fragen – da seien Management und freundlich-bestimmte Damen der Plattenfirma vor! Mick Hucknall lädt zur minutiös geplanten Audienz in eine vornehme Hotelsuite, wo ein wenig Schokolade und Obst vergebens versuchen, Wohnzimmeratmosphäre zu vermitteln. Die Hauptperson, in unvermeidliches Schwarz gehüllt – glänzender, lässiger Pulli und Lederhose – passt sich bestens der kühlen Umgebung an. Mit betont professioneller Freundlichkeit wird sofort eine klare Grenze gezogen, selten gibt ein Lächeln den Blick auf den berühmten Rubin im Zahn frei.
Über seine Musik und seine Arbeit reden, dass tut er aber immer noch gern. Entsprechende Empfehlungen werden vorher mit Nachdruck und nicht unerheblichem Papieraufwand unter das Pressevolk gebracht. Und will man nicht die Schmach riskieren, dass Mr. Hucknall während des Gesprächs den Raum verläßt, hält man sich besser daran. Also musikalischer Small-talk: „Songs zu schreiben, ist ein sehr heilsamer Prozess für mich, eine Gelegenheit, mich mit meinen Problemen auseinanderzusetzen.“ Glaubt man den Gazetten, hat Hucknall hauptsächlich Probleme mit den Frauen. Doch er steht nicht allein: Kollege Mike Odfield soll sogar eine Kontaktanzeige aufgegeben haben. Das heikle Thema erntet einen eisigen Blick aus kleinen Augen: „Das ist seine Sache, mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich würde das nicht tun, hoffe aber für ihn, dass es klappt.“ Hatten die Füße gezuckt?
Besser zurück auf sicheres Terrain: seine Traumkarriere. Gab es schwierige Momente? „Nach dem zweiten Album hätte ich fast alles hingeschmissen. Das Plattengeschäft war mir zu politisch, zu viele Machtkämpfe, auch in der Band.“ Jetzt, mit fast 40, hat er das Business im Griff: „Für einen Pop-Star bin ich zu alt. Aber kultivierte Musik zu machen und gleichzeitig in den Charts zu sein, ist für mich eine erfreuliche Herausforderung.“
„Letzte Frage“, tönt es durch den Türspalt, ein Hauch Erleichterung auf Hucknalls Gesicht. Was hält so ein „alter Pop-Star“ denn vom Nachwuchs? Das Thema kommt an, Engagement färbt die Stimme: „Da gibt es eine Menge Scheiße (auf deutsch!) wie diese Boy-Bands oder diesen Techno-dancy-dancy-dancy-Kram. Viele wissen nichts über Musik, aber man muß seinen Job kennen – genau wie ein Zahnarzt alles über Zähne wissen muß.“ In dem Punkt hat der Mann Recht. Eindeutig.
Bärbel Pfannerer