Son Goku
Drei aus fünf: Thomas D. (Gesang) isst Gemüsereis aus der Tupperschüssel, Komi Togbonou (Gesang) liest den Focus, Bertil Mark (Drums) guckt freudig um sich: Son Goku sind da, sie sind neu und geben einen „Crashkurs“ (Four Music) in alternativer Rockmusik. Und sie wollen die Welt retten.
_ulysses: Son Goku ist eine Figur aus der Animationsserie „Dragonball“, ein kleiner Junge mit reinem Herzen, der die Welt rettet. Ist das nicht ein bisschen sehr kitschig?
Thomas D.: Wir dachten, dass die Mädels das süß finden. (Gelächter). Nee, als wir die Band gegründet haben, waren wir alle gerade sehr comicinfiziert, und wie Son Goku total naiv und mit reinem Herzen an die Sachen ranging, fanden wir doch sehr ansprechend. Der Kitschfaktor hat uns gefallen. Die Welt zu retten mag ein naiver und für viele nicht nachvollziehbarer Gedanke sein, aber wir finden, es ist der wichtigste Aspekt des Lebens.
_ulysses: Macht ihr eigentlich Crossover?
Bertil: Es ist viel größer als Crossover, nicht nur reduziert auf Metal-Gitarren und HipHop-Elemente …
Thomas D.: … Hardcore-Riffs mit Punkrock-Attitüde, Pop. Der Schwerpunkt liegt auf dem Bandaspekt.
_ulysses: Rock‘ n ‘Roll?
Thomas D.: Wäre meine Lieblingsbezeichnung. Wir haben es Alternative Rock genannt,
weil wir eine Schublade brauchen. Wir wollten was machen, was rockt, und das ist daraus geworden.
_ulysses: Aber ein richtiger Sänger bist du immer noch nicht .…
Thomas D.: Ich würde jetzt nicht behaupten, dass ich ein Super-Sänger bin. Aber der erste Schritt, finde ich, ist mir sehr gut gelungen. Aus dem Rap raus, in einen Singsang. Ich würde das gerne intensivieren und dann auch besser werden.
_ulysses: Ist es nicht eine Belastung, wenn Thomas D., der Fanta-4-Held, in einer Rockband mitmacht? Es wird ja immer alles mit dem verglichen, was man vorher gemacht hat.
Komi: Deswegen müssen ja auch Platten gemacht werden, die Geschichte schreiben.
_ulysses: Heißt?
Komi: Na, das haben wir versucht.
_ulysses: Ah ja. Die Gesellschaftskritik fällt in euren Songs sehr moralisch aus. Glaubt ihr wirklich, das ändert was?
Thomas D.: Gute Frage. Es geht mehr darum, das loszuwerden, es zu verdeutlichen und zu sagen: Leute, guckt doch mal nicht nur auf die Äußerlichkeiten, guckt doch mal, was dahinter steht. Dass sich das aber großartig ändert, würde ich nicht hoffen wollen, ist auch nicht so wichtig. Die Leute können sich gerne ihre Boybands und Teenstars an die Wand hängen, aber sie sollten nebenher vielleicht auch eine echte Band hören. Nur billige Kopien einer einstmals guten Idee sind uns dann doch zu flach.
Bertil: Ich habe durch Musik viel Selbsterkenntnis erlangt. Man hört einen Text, und der passt genau auf die eigene Lebenssituation. Dann fängst du an, darüber nachzudenken, ziehst deine eigene Erkenntnisse raus, und das bringt dich meistens auch ein Stück weiter.
Komi: Für mich geht’s beim Musikmachen darum, Emotionen einzufangen. Musik soll den Leuten die Möglichkeit geben, ihr Bewusstsein anzuheben und nicht nur irgendwie Materie hinterherzulaufen. Nur Tralala kann’s nicht sein.
_ulysses: Thomas, deine Texte sind oft ernst bis esoterisch. Nun kommen da auf einmal Reime wie „Ich wünsche euch alles gute in dieser Minute“.
Thomas D.: Vor Son Goku habe ich mir immer mehr Gedanken um meine Texte gemacht, die auch immer ernster wurden. Jetzt habe ich mir gesagt: Hey, mach dich mal locker. Nimm doch auch mal den ersten Gedanken, lass doch auch mal einen witzigen Satz stehen. Es muss nicht alles immer hammerdurchdacht und angestrengt sein.
_ulysses: Muss Musik denn eine Aussage haben?
Thomas D.: Es gibt keine Musik ohne Aussage, selbst Lalala-Pop hat eine Aussage.
_ulysses: Wenn Britney Spears singt: „Hit me baby, one more time“ hörst du da ernsthaft eine Aussage?
Thomas D.: Na ja, vielleicht will sie nur mal richtig geprügelt werden.
_ulysses: Wie ernst nehmt ihr euch?
Komi: Zu ernst. (Gelächter).
Thomas D.: Der Mensch nimmt sich insgesamt zu ernst, wir machen da keine Ausnahme. Nee, aber bei uns steht schon der Spaß im Vordergrund, und der Spaß ist ernst gemeint. Wir wollen einfach nur rocken.
Interview: Volker Sievert