Immer weiterlachen: Sophie Auster im Interview zu „Milk for Ulcers“

Als Kind von Siri Hustvedt und Paul Auster stand Sophie Auster früh im Rampenlicht. Ihr inneres Licht hat ihr auch der Tod ihres Vaters nicht nehmen können.
Sophie, ganz zu Beginn deines neuen Albums stellst du dich mit kindlicher Stimme einem Publikum vor, bestehend aus „Ladies and Gentlemen“. Stammt der Aufnahmeschnipsel von einem frühen Livekonzert?
Sophie Auster: Ja, und es hat bei uns zu Hause im Wohnzimmer stattgefunden. (lacht) Ich war sechs. Der Ausschnitt ist Teil einer Radioshow, die ich sozusagen produziert und für Mom und Dad aufgeführt habe. Wir haben daheim oft solche lustigen, albernen Sachen gemacht. Ich war ein Kind, das viel gelacht hat.
Dein erstes Album hast du damals mit 16 aufgenommen, und schon mit neun hast du in Agnieszka Hollands Film „Washington Square“ mitgespielt. Warst du also auch ein Kind, das es früh auf die Bühne und vor die Kamera gezogen hat?
Auster: Doch, das kann man sagen. Ich fand das unheimlich aufregend. In einem Film mitspielen, wie cool ist das denn? Ich hatte natürlich fürchterliche Angst. Ich habe ja überhaupt nicht gewusst, was ich tue. Aber die Angst war auch Teil des Nervenkitzels. Und wenn ich den Auftritt, den Dreh, was auch immer, dann bewältigt hatte, habe ich mich jedes Mal wie der glücklichste Mensch auf Erden gefühlt.
Bist du heute immer noch so aufgeregt vor Auftritten?
Auster: Ja, aber aus anderen Gründen als früher. Jetzt geht es eher um den ganzen Organisationskram, der mich nervös macht. Ich spiele bald einige Shows in Europa, und zusammen mit meinem Mann plane ich, wie wir am besten die Betreuung unseres knapp anderthalbjährigen Sohnes Miles hinbekommen. Die Idee ist, dass die beiden in Berlin bleiben, mich bei einigen Konzerten besuchen und wir anschließend noch ein wenig gemeinsame Zeit in Berlin verbringen.
Im Video zu „Look what you’re doing to me“ sieht man dich in vielen Szenen zusammen mit deinem Mann Spencer Ostrander, einem Fotografen, der das Video auch inszeniert hat. Ihr wirkt glücklich.
Auster: Danke schön. (lächelt) Das sind wir auch. Wir mussten nicht schauspielern, um ein verliebt wirkendes Paar darzustellen. Das Material ist alles echt, wir haben nichts gestellt. Die Szenen reichen zurück bis in die Zeit, als wir uns kennengelernt haben. Auch der Song an sich handelt von ihm. Aber logisch, wir haben natürlich die schönsten Momente unseres gemeinsamen Lebens ausgesucht. Selbst wir zanken manchmal.
Würdest du heute, mit 37, der Sophie von früher etwas mit auf den Lebensweg geben wollen?
Auster: Ich hätte ihr verdammt viel zu erzählen, aber ich würde ihr vor allem raten, eigene Erfahrungen und auch eigene Fehler zu machen. Ich würde ihr sagen, nicht zu viel darüber nachzugrübeln, was andere wohl von ihr denken könnten. Etwas mehr Entschlossenheit und auch mehr Selbstbewusstsein, gerade in manchen Beziehungen, hätten ihr gutgetan. Glücklicherweise aber habe ich von meinen Eltern einen wunderbaren Wertekompass bekommen, an dem ich mich bis heute orientiere.
Dein Vater Paul Auster ist im vergangenen Jahr verstorben. In dem sehr schönen und tröstlichen Lied „Blue Team“ singst du, dass du ihn manchmal in deinen Träumen siehst. Ist das wahr?
Auster: Das stimmt wirklich. Manchmal begegnet er mir als kranker Mensch, manchmal aber auch als gesunder, jüngerer Mann. „Blue Team“ war extrem schwer zu schreiben, denn der Song ist fast eine Art Nachruf – verfasst, als mein Vater noch gelebt hat. Ich bin so froh und dankbar, dass er ihn vor seinem Tod noch hören konnte.
Worum geht es in dem Lied?
Auster: Um uns als Familie. Aber auch um den Zusammenhalt der anständigen, empathischen Menschen insgesamt. Wir brauchen einander. So viele Emotionen haben sich in mir hochgeschaukelt, als ich die Lieder für „Milk for Ulcers“ geschrieben habe. Es ist mir nicht leichtgefallen, mit der Trauer umzugehen. Aber meine Mutter, mein Mann, unser Sohn, meine Freundinnen und Freunde, wir alle waren füreinander da. Ich habe gelernt, wie zäh, wie resilient Menschen sind. Wir haben uns aufgerappelt. Gerade habe ich den siebzigsten Geburtstag meiner Mutter organisiert. Es war ein schönes Fest. Wir haben viel gelacht.