Stephan Kaluza: 30 Keller
Der zweite Roman von Stephan Kaluza basiert auf dem ebenfalls aus seiner Feder stammenden Theaterstück „Atlantic zero“ aus dem Jahr 2011. Die Überführung der Handlung von der theatralen in die literarische Form ist insofern spürbar, alsdass „30 Keller“ stark szenisch daherkommt; die Wahl des Ortes, an dem sich nahezu die gesamte Handlung zuträgt, verleiht dem Roman die atmosphärische Enge eines Kammerspiels.
Der Geschäftsmann und Megareiche Herr Meisner findet sich nämlich nach seiner Entführung in einem Kellerraum wieder. Sein einziger Kontakt während des unfreiwilligen Aufenthalts ist ein Mann, der sich als Ronaldo und einer von Meisners Entführern vorstellt. Nach dessen Informationen, die er mehr als bereitwillig vor Meisner ausbreitet, sind insgesamt 30 industrielle Big Player in der Gewalt des mysteriösen Zusammenschlusses, die allesamt gegen ein beträchtliches Lösegeld wieder in die Freiheit entlassen werden sollen. Das Spezielle dieses groß angelegten Raubs ist, woher das Geld kommen soll – und was die Entführer damit vorhaben …
Während Meisners Reaktion auf seine Inhaftierung zwischen Trotz, Stolz, Größenwahn und Resignation hin und her springt, serviert Ronaldo die Leibspeisen der Geisel, legt deren Lieblingsmusik auf und wäre geradezu der ideale Gastgeber – wenn er Meisner durch die Erläuterung der Operation und deren Ziele nicht mächtig vor den Kopf stoßen würde. Dieser sieht sich mit sich selbst konfrontiert, weigert sich jedoch, eine selbstkritische Haltung anzunehmen. Kaluza hat mit „30 Keller“ eine Parabel geschrieben, die sich dem Verhältnis von Macht und Entmachtung, von Haben und Nichthaben widmet und die unweigerliche Verknüpfung der Gegensätze miteinander herausstellt.
Auf verschiedenen, ineinander verlaufenden Realitätsebenen entsteht so eine Geschichte, die als Kommentar zum kapitalistischen Vermehrungsdenken gelesen werden kann, deshalb aber noch lange kein Finanzkrimi ist. „30 Keller“ schwingt auf einer grundlegend menschlichen Frequenz – die einzig sinnvolle Herangehensweise, sofern man das Thema nicht um einen Teilaspekt erleichtern möchte, der es grundlegend bestimmt.