Syml über „Nobody lives here“: Liebe zur Tragik

Früher hat er Debussy vergöttert, später ein Duett mit Lana Del Rey gesungen: Brian Fennell alias Syml kennt keinen Mangel an Melancholie.
Brian, in „Nobody lives here“, dem Titelsong deines Albums, läufst du an diesem Haus vorbei, das du aus deiner Kindheit als hellerleuchtetes Heim einer Familie in Erinnerung hast. Nun ist alles dunkel.
Fennell: Ich bin ein leidenschaftlicher Liebhaber von traurigen Metaphern und Bildern. So habe ich mir ausgemalt, wie in diesem Haus einst das Glück wohnte. Irgendwann war es fort, und das Haus verfällt. Ich stelle mir vor, wie vielleicht ein Sohn der Familie nach vielen Jahren und vom Leben aus der Bahn geworfen zurückkommt und betrunken vor der Tür brüllt: „Ich habe hier einst gelebt. Ich war glücklich.“ Und dann kommt die Polizei und karrt ihn weg.
Woher kommt diese starke melancholische Unterströmung in deinen Ideen und Gedanken?
Fennell: Ich glaube, ich bin schon mit der Liebe zur Tragik auf die Welt gekommen. Als klavierspielendes Kind habe ich die Traurigkeit in den Kompositionen eines Erik Satie oder eines Charles Debussy vergöttert. Ich habe Trost und Geborgenheit in dieser Musik gefunden. Die Melancholie ist kein dunkler Schleier, der über mir hängt, sondern eine Eigenschaft, die ich sehr gern an mir mag. Und aus der ich Inspiration für meine Musik ziehe.
Du bist mit einer Schweizerin verheiratet, ihr habt drei Kinder zwischen drei und zehn Jahren. Kommt die Familie zurecht mit deiner Wehmut?
Fennell: Die Kinder will ich damit noch nicht behelligen. Aber meine Frau, die meine Musik grundsätzlich schon schätzt, hat neulich gefragt, ob ich eigentlich nur traurige Liebeslieder schreiben könne. Weil unsere Beziehung an sich eine sehr liebevolle und gewiss nicht düstere ist. Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass ich einen Song wie „The white Light of the Morning“, in dem es darum geht, dass wir irgendwann alles loslassen müssen, was wir lieben, nicht als traurig, sondern als tröstlich empfinde.
Vielleicht auch deshalb, weil du in einer strenggläubigen christlichen Gemeinde großgeworden bist?
Fennell: Manches wäre leichter, wenn ich bloß an ein Schwarzes Loch glauben würde, das alles einsaugt und vergessen macht, und nicht an ein göttliches, mindestens aber spirituelles Wesen, das unsere Freude und unsere Trauer zu einem guten Teil mitsteuert. Die Gemeinde, zu der ich gehört habe, hatte eine sehr inklusive, liberale Haltung. Es ging wirklich um Nächstenliebe. Und ich habe es geliebt, in der Kirche zu singen. Trotzdem hatte auch diese Gemeinde ihre Abgründe, und ich habe mich schließlich losgesagt.
Was hast du von deinem christlichen Hintergrund in dein heutiges Leben hinübergerettet?
Fennell: So einiges. Zum Beispiel, dass das Leben kein Wettbewerb ist, bei dem der Beste gewinnt. Ich versuche meinen Kindern beizubringen, ehrgeizig zu sein, ohne dass sich dieser Ehrgeiz gegen andere richtet. Ich weiß, das ist schwer. Auch ich gucke manchmal, ob die Kolleginnen und Kollegen vielleicht in größeren Klubs spielen als ich. Danach schimpfe ich mit mir selbst.