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Tears For Fears

Zehn Jahre redeten sie nicht mehr miteinander, und doch gibt es jetzt wieder ein Album von Tears For Fears. Steckt mehr dahinter als nur kommerzielles Kalkül? Ein Klärungsversuch mit Roland Orzabal und Curt Smith.

„Ja, es stimmt“, geben Roland Orzabal und Curt Smith zu, „wir waren völlig voneinander genervt.“ Die Arbeitsbeziehung der Schulfreunde aus dem britischen Bath zerbrach am 1989erAlbum „Sowing the Seeds of Love“, einem Pop-Geniestreich mit großen Melodien, fantastischen Sounds und erstaunlichen Arrangements. Doch das Album erwies sich für die Protagonisten als Fluch und Segen zugleich. Die Produktion verschlang die unglaubliche Summe vom einer Million britischer Pfund, verschliss unzählige Studiomusiker und trieb gleich zwei Produzenten in den Wahnsinn.

„Wir hatten das Budget um ein Vielfaches überschritten“, erinnert sich Orzabal mit Schrecken, „endlos Zeit im Studio verbracht und jeden verfügbaren Session-Musiker dieser Welt bemüht.“ Effekt: Ihre Freundschaft zerbrach.

Danach lieferten Orzabal und Smith nur noch grandiose Flops ab. Smith legte 1992 „Soul on Board“ vor, das leider kein Fünkchen Soul besaß. Orzabal buk in seinem Studio neue Pop-Törtchen, doch nur noch die treuesten TFF-Gourmets kosteten davon.

Im Jahr 2000 verdichten sich erste Anzeichen einer Reunion. Die gefallenen Popgötter schrieben gemeinsam an neuen Songs, hieß es. Das Gerücht wurde schnell bestätigt. Dafür dauert es bis zum Comeback umso länger – weil es angeblich gar nicht geplant war: „Wir wollten einfach die Geister der Vergangenheit begraben und uns wieder wie Erwachsene benehmen“, erklärt Orzabal. „Dabei ging es zunächst überhaupt nicht um Musik. Die passierte einfach so.“

Jetzt, fünf Jahre später, erscheint jedenfalls als netter Nebeneffekt der Versöhnung ein gemeinsames Album – ironischerweise unter der Überschrift „Everybody loves a happy Ending“. In Los Angeles hatten die beiden die weiße Flagge gehisst. „Wir haben uns diesmal nur auf uns verlassen und nicht mehr gegen Maschinen gekämpft“, sagt Orzabal. Deshalb klingt ihre Musik auch wie vor 1989: ohne Bombast, ohne Pathos, ohne Cinemascope. So, wie sie einst mit melancholisch-sensiblen Pophymnen ihren Siegeszug starteten und mit dem Dreifach-Platin-Album „Songs from the big Chair“ und dem unverschämt coolen Smash-Hit „Shout“ die Charts stürmten.

Mit der neuen CD gehen Orzabal und Smith bewusst zurück zu den Anfängen. „Wir haben uns erinnert, dass so was auch geht, ohne bei der Produktion wahnsinnig zu werden. Dass man eine tolle Platte aufnehmen kann, auch wenn man nur einfache Mittel zur Verfügung hat.“ Smith schwört: „Ich habe die Liebe zur Musik wieder entdeckt.“. Und Orzabal behauptet: „Es war die ehrlichste Zusammenarbeit, die wir je gemacht haben.“

So klingen entweder wirklich Versöhnte – oder zwei Entzweite, die jeden Verdacht einer rein pragmatischen Zusammenarbeit im Keim ersticken wollen. Uns kann’s egal sein – weil das Ergebnis stimmt: klasse Musik.

Stefan Woldach

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