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Terri Lyne Carrington

Seit 25 Jahren trommelt Terri Lyne Carrington für alles, was Rang und Namen hat: Von Carlos Santana über Stan Getz, Lester Bowie, Dizzy Gillespie bis zu Herbie Hancock. Jetzt versucht sie es im Alleingang – endlich.

kulturnews: Frau Carrington, gibt es eigentlich jemanden, mit dem sie noch nicht gespielt haben?

Terri Lyne Carrington (lacht): Es ist nicht so, als wäre ich auf der Suche … Ich nehme einfach die Möglichkeiten wahr, die sich mir bieten. Klar würde ich gern mit Jimi Hendrix, John Coltrne oder Miles Davis spielen, aber die sind nun mal tot. Und was die Lebenden betrifft, so bin ich eine Jazzerin – ich lasse die Dinge auf mich zukommen. Keith Jarrett könnte zum Beispiel gern mal anrufen, aber ich werde ihm nicht hinterherlaufen. Genau wie Eric Clapton, dessen Blueskram ich wahnsinnig liebe.

kulturnews: Ihr Solo-Album heißt „Jazz is a Sprit“. Eine Hommage an die spirituelle Seite der Musik?

Carrington: Ja, Jazz hat etwas Spirituelles, aber nichts, was man intellektualisieren sollte. Ich mag es nicht, wenn Jazz analytisch betrachtet wird. Das kommt doch immer von der Plattenindustrie, die ihre dogmatischen Vorstellungen durchdrücken will. Dabei ist Jazz ein Gefühl – ein globaler Spirit, der alle verbindet, die sich darauf einlassen.

kulturnews: Jazz ist ein beliebtes Stilmittel im HipHop. Könnte das dazu beitragen, die Jugend dafür zu begeistern?

Carrington: Ich erinnere mich noch, als Erykah Badu auftauchte und die Leute sie mit Billie Holliday verglichen. Für mein geschultes Ohr klang sie nicht mal ansatzweise so. Aber sollte das jemanden zu Holliday führen, wäre das eine tolle Sache. Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie viele den Mut aufbringen, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Wenn die Leute Jazz kaufen, sind es meistens Platten von Miles Davis und John Coltrane. Und das ist wirklich schade.

kulturnews: Und warum beschränkt sich die Rolle der Frau fast immer auf die Vokalistin oder Pianistin? Ist Jazz eine Männerdomäne?

Carrington: Stimmt, obwohl sich das langsam ändert. Es gibt da eine neue Generation, die sich stärker im Jazz engagiert. Die meisten zieht es jedoch in den Pop, weil das die Musik unserer Zeit ist. Jazz ist eine Nische – und sehr elitär. Wer sich da durchsetzen will, muß eine unwahrscheinliche Ausdauer haben.

kulturnews: Sie haben das letzte Album von Dianne Reeves produziert. Erhielten sie danach nicht Tausende lukrativer Angebote?

Carrington: Nur ein einziges! Das hat mich schwer enttäuscht. Ich dachte, ich könnte mich in Zukunft auf die Studioarbeit verlegen. Insofern tat es mir schon weh, dass Diannes Album kein größeres Feedback hervorgerufen hat. Schließlich war es für einen Grammy nominiert. Aber das hat wohl heute keine Bedeutung mehr.

kulturnews: Sie sind Mitte 30, aber schon 25 Jahre im Geschäft. Nennt man sie immer noch „The Kid“ wie zu Beginn ihrer Karriere?

Carrington (lacht): Leider nein. Früher war ich immer die Jüngste, egal, mit wem ich spielte. Jetzt ist bei jedem Gig jemand dabei, der jünger ist. Sogar auf meinen eigenen Alben. Schrecklich!

Interview: Marcel Anders

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