„The Gentlemen“ Toxischer Regisseur drangsaliert Huhn auf Koks
Guy Ritchie hat zugeschlagen: Die Krimikomödie „The Gentlemen“ auf Netflix ist eine durchgeknallte Farce über den nordenglischen Landadel.
Guy Ritchie ist Showrunner, Autor und Regisseur der Serie „The Gentlemen“, die auf Netflix startet. Die nordenglische Mafia, der verarmende Landadel und verdammt viel unter Tage angebautes Gras spielen die Hauptrollen dieser köstlichen Krimifarce. Die Serie wurde vom gleichnamigen Spielfilm aus dem Jahr 2020 inspiriert, der ebenfalls auf das Konto von Guy Ritchie geht.
„The Gentlemen“: Guy Ritchie jetzt auf Netflix
Der Soldat Eddie Horniman (Theo James, „The White Lotus“) ist von Haus aus verdammt gut im Konfliktmanagement. Als er von einem Auslandseinsatz nach Hause auf den Landsitz seiner Familie gerufen wird, gerät aber auch er an seine Grenzen. Zunächst aber weiß Horniman noch nicht, dass dort schon bald alles anders sein wird: Der Vater – ein Duke – stirbt, der Bruder ist ein Trottel und hat Mordsschulden, und das Testament des Vaters sorgt für richtig viel Sprengstoff innerhalb der Familie. Dann merkt Eddie: Der Schein – sofern er überhaupt noch aufrecht erhalten wird – trügt: Auf dem großen Areal des Landsitzes werden Drogen angebaut, die drogenproduzierende Mafia ist vor Ort und geht auf dem Gelände ein und aus und kann ihn sogar vor anderen Verbrecherbanden schützen, wenn sein Bruder mal wieder so richtig Scheiße gebaut hat. Ausflüge nach Liverpool ins illegale Boxgewerbe und auf den Fischmarkt der Mafia stehen an und führen zu mehr oder weniger blutigen Konsequenzen.
Guy Ritchie hat nicht nur bei der Entwicklung des Plots ganze Arbeit geleistet: Dass ein Duke in Verbrecherkreisen anerkannt ist, lässt der Regisseur immer wieder anklingen, wenn Mafiabosse die Methoden der Dukes vor vielen Jahrhunderten mit ihren eigenen Methoden heute voller Hochachtung vergleichen: Neues Geld lobt Altes Geld. Wenn Ritchie seinen Helden Eddie Horniman in immer heftigere Gewaltexzesse hineintreibt, führt er ihn so auch zu seinen Vorfahren zurück. Auf Political Correctness pfeift der Regisseur durchgehend. Ein Beispiel dafür kommt gegen Ende der ersten Folge, wenn Eddies zugekokster Bruder Freddy (Daniel Ings, „Sex Education“) von einem cholerischen Mafiabos in ein Hühnerkostüm und in dieser Verkleidung zum Tanzen und Singen gezwungen wird und das für die sozialen Netzwerke mit dem Handy aufnimmt. Die brutal-komische Szene erinnert so stark an den immer öfter diskutierten Machtmissbrauch von Regisseuren am Filmset und bei Theaterproben, dass einem das Lachen schon wieder im Hals stecken bleibt. Guy Ritchie aber verbindet damit keinen Zeigefinger-Duktus, sondern bringt einen makaberen Moment nach dem anderen einfach nur zur bösen Unterhaltung seines Publikums. Und das gelingt ihm vollauf.