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The Rapture

Von New York aus schwappt eine neue Hype Welle auf uns zu. Und mittendrin: The Rapture. Gerade ist auch hierzulande ihr stilprägendes Album „Echoes“ erschienen. kulturnews bat Basser Mattie Safer und Drummer Vito Roccoforte zum Gespräch. Über Punk, New York und die letzten politischen Nachrichten aus Kalifornien.

kulturnews: Warum musste der Punk auf seine alten Tage noch das Tanzen lernen?

Vito Roccoforte: Wir wollten schon immer, dass die Leute in unseren Shows tanzen. Dance Musik ist halt ein wichtiger Aspekt unserer musikalischen Sozialisation. Außerdem war man in der Szene schon seit einiger Zeit gelangweilt und suchte nach etwas Neuem.

Mattie Safer: Die Punks sind halt in ihre Adoleszenz gekommen (lacht).

kulturnews: Bis vor wenigen Jahren standen Punk und Disko noch zueinander wie Feuer zu Wasser. Plagt da nicht manchmal das schlechte Gewissen des Verrats von Punkidealen?

Vito: Nein, mit Sicherheit nicht. Im Punk geht darum, zu tun, was dir gefällt. Gäbe es das Gesetz, im Punk darf nicht getanzt werden, wäre es kein Punk mehr. Punk steht für Regellosigkeit.

kulturnews: Böse Zungen behaupten, kein Mensch würde euch heute hören ohne Hilfe des Produzentenduos DFA.

Vito: Absoluter Unsinn. Als wir uns trafen, gab es noch kein DFA. Es gab nur Tim Goldsworthy and James Murphy. Wir hingegen waren das, was wir auch heute sind: The Rapture, die Band, die dabei ist, die Tanzmusik zu entdecken. Es war eine partnerschaftliche Arbeit, von der beide Seiten profitiert haben.

kulturnews: Ihr lebt heute in New York. Was ist dran an dieser Stadt, dass sie ständig neue Hypes gebiert? Nach den Strokes und dem Rock ‘n’ Roll Revival jetzt der Disko-Punk-Boom um Radio 4 und The Rapture.

Vito: Möglicherweise ist es diese besondere Energie, von der keiner sagen kann, was genau sie ist. Am ehesten noch vergleichbar mit einem lebendigen, brütenden Organismus. Selbst wenn du down bist, lässt sie dich nicht in Ruhe, steigt dir aufs Dach und fordert dein Scherflein.

kulturnews: Doch eines schönen August Tages blieb die Energie weg. Ein Strom Blackout. Wie habt ihr den erlebt?

Vito: Wir hatten es erst gar nicht mitbekommen, weil wir im Pressebüro Interviews gaben. (lacht) Wirklich großartig. Nachdem sich herausstellte, dass es kein Terroranschlag war, taten sich die Menschen zusammen und liefen durch die Straßen Überall Partys, eine Woche lang. Als der Strom dann wiederkam, löste sich das Ganze sukzessive wieder auf; jeder ging in sein altes Leben zurück. Wie beim Erwachen nach einem schönen Traum …

Mattie: Ich habe in vier Stunden mehr Menschen getroffen, als sonst in einem Monat. In einer Stadt wie New York verlieren die Leute leicht den Kontakt zueinander. Oft kennt man nicht mal seine Nachbarn. Nicht aus bösem Willen, sondern weil das Leben sie ständig aneinander vorbeiweht.

kulturnews: In deiner alten Heimat Kalifornien, Vito, haben sie derzeit ganz andere Probleme. Arnold Schwarzenegger wird neuer Gouverneur.

Vito: Ich kann es mir noch gar nicht vorstellen … Das will da einfach nicht rein (klopft sich an die Stirn) … Selbst meine Eltern, super Erzkonservative Republikaner, waren angepisst. Mein Vater liebt Waffen und Actionfilme und solchen Scheiß. Aber irgendwie hat er sich doch noch eine Spur Realitätssinn bewahrt. Einen strohdummen Muskelberg von Schauspieler, sagt er, ist das Letzte was Kalifornien braucht. Kein Wunder, dass sich der Rest Amerikas über Kalifornien lustig macht. Sie nennen es einen Platz für Dumme.

Mattie: Die mit ihrem dämlichen Referendum, bei dem sie ihren Gouverneur mitten in der Legislaturperiode abwählen können – um sich dann einen Schauspieler zu holen. Unglaublich bescheuert.

kulturnews: Das weckt doch gleich Erinnerungen an Ronald Reagan, der erst Gouverneur in Kalifornien und dann US-Präsident wurde.

Vito: Ich glaube, dass kann er nicht. Dafür müsste er in den USA geboren sein.

Mattie: Wenn die ihn wirklich als Präsidenten haben wollten, würden sie einen Weg finden, solche Vorschriften zu umgehen. Das würden seine Berater und die Propaganda für ihn schon richten. Intelligent braucht er dafür jedenfalls nicht mehr zu sein. Irgendwann wählen die bestimmt auch noch Mickey Maus, dass traue ich denen zu. (lacht)

Vito: Wir sind schon auf dem besten Wege. In Minnesota hatten sie Jessie „The Body“ Ventura den ehemaligen Ringer und Schauspieler als Gouverneur. Kalifornien hat jetzt Schwarzenegger. Wenn das keine Entwicklung ist. Karsten Witthoefft

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