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„The ugly Stepsister“: Auf den Spuren von Beauty-Geschöpfen wie Shirin David

Szene aus „The ugly Stepsister“, ab 6. Juni im Kino
Diese Nase muss überholt werden: Elvira (Lea Myren) (Foto: Marcel Zyskind)

In dieser Neuinterpretation von „Aschenputtel“ geht es um eine der Stiefschwestern und ihren wahnhaft-drastischen Kampf um die Traumfigur. Da wird Beauty zum reinsten Horror!

Wie Schönheit zum Horror wird, davon erzählt das großartige norwegische Gruselmärchen „The ugly Stepsister“ jetzt im Kino: „Aschenputtel“ mal anders!

Es war einmal … das den etablierten Normen nach nicht sehr attraktive Mädchen Elvira (toll: Lea Myren in ihrer ersten Rolle), das dazu verdammt war, den Prinzen für sich zu betören, weil ihre Mutter Rebekka (Ane Dahl Thorp, „Oslo Stories: Träume“) das Geld brauchte. Denn die hatte noch einmal geheiratet. Doch nicht nur, dass der neue Gatte am Abend der Hochzeit beim Festessen verschied, nein, auch war er praktisch Pleite – und hatte Rebekka samt der beiden Töchter Elvira und Alma (Flo Fagerli) auch nur genommen, weil er glaubte, diese hätte Geld. Deshalb musste Elvira, das hässliche Entlein, schön werden – denn in einige Monaten war ein großer Ball, bei dem der Prinz, ein rechter rumvögelnder Wüstling, sich aus allen infrage kommenden Jungfrauen eine zur Frau erwählen würde …

„The ugly Stepsister“: Aschenputtel im Haus

Elvira muss nun nicht nur eine negative Art der Body Positivity entwickeln, wonach nur schöne Körper gute Körper sind, sie muss auch mit dem Feind im eigenen Haus leben: Stiefschwester Agnes (Thea Sofie Loach Naess, „So long, Marianne“) ist nach dem plötzlichen Tod des Vaters nun Teil der Familie und bildhübsch. So muss Elvira also Nasen-OPs ohne Betäubung über sich ergehen lassen, der plastische Chirurg des 19. Jahrhunderts mit der Aura eines bekoksten Dr. Frankenstein näht ihr falsche Wimpern an die Lider, und auf Anraten einer Beauty-Ratgeberin schluckt Elvira ein Bandwurm-Ei, auf das das Tier alles wegesse, was Elvira zu sich nimmt, sodass die Strandfigur auch noch rechtzeitig zu erreichen sei. Der Ball naht, Elvira ist mit ihrem neuen Ich sehr zufrieden, auch zur Vortänzerin beim Ball erwählt worden, während Agnes wegen Sex mit dem Stallburschen zum Aschenputtel degradiert wird.

Was kann da noch schiefgehen, außer, dass Elvira die Haare ausfallen und der Bandwurm wächst und wächst und ständig Hunger hat …?

Beauty-Geschöpfe wie Shirin David oder Gwen Stefani

Die norwegische Regiedebütantin Emilie Blichfeldt verschiebt die Perspektive von „Aschenputtel“ weg von der Traumfrau, hin zur bisher als böse und hässlich gebrandmarkten Stiefschwester. Sie tut das mit viel Lust an der visuellen Zuspitzung, vor allem bei der intensiven und brutalen Arbeit an Elviras Körper. Wer als Kinofan etwasHorrorerfahrung mitbringt oder ganz schwarzen Humor und Grotesken schätzt, ist hier definitiv im Vorteil, aber die drastische Szene finden sich auch in der Grimm’sche Urfassung der Geschichte. Und mal ehrlich: Der Druck auf junge Frauen, schön zu sein und dafür auch jede noch so krasse Arbeit und Veränderung an sich selbst in Kauf zu nehmen, um akzeptiert und begehrt zu werden – er ist schließlich auch der reinste Horror. Botox, Bulimie, Magersucht, Depressionen und wandelnde Beauty-Geschöpfe wie Donatella Versace, Shirin David, Madonna oder Gwen Stefani sind der Beweis dafür, dass Blichfeldts Film in keinster Weise zu krass ist – spiegelt er doch nur die moderne Tyrannei der Schönheit wider.

Es ist selten, dass ein Film schockiert, mahnt und Spaß macht – „The ugly Stepsister“ schafft diesen Spagat. Und er ist ein flammender Appell an alle Mädchen und Frauen, die nicht den gesetzten Normen entsprechen, zu sich und ihrem Körper zu stehen.

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