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Tim Burton zu „Big Fish“

Tim Burton ist der Hans-guck-in-die-Luft Hollywoods. In seinem Kopf tummeln sich mehr schräge Ideen als Kinder auf einem Rummelplatz, auf dem „Batman“, „Edward mit den Scherenhänden“ und „Ed Wood“ Ringelpiez tanzen. In „Big Fish“ arbeitet Burton die Beziehung zu seinem Vater auf – und ist selber gerade einer geworden.

kulturnews: Mister Burton, waren Sie als Kind ein Außenseiter?

Tim Burton: Ich hatte ein sehr starkes Gefühl als Junge, das ich nie ganz loswerden konnte: Ich fühlte mich wie ein normales Kind, aber meine Umwelt sah das nicht so und ordnete mich einer ganz anderen Kategorie zu. Das machte mich anders, nicht ich mich selbst. Ich kann also die Position des unverstandenen Außenseiters verstehen. Und ich fühle mich immer noch wie einer. Ich war nicht einsam oder unglücklich, ich hatte nur große Schwierigkeiten zu kommunizieren. Aber ich hatte dieses unheimlich starke Innenleben. Und dafür war ich dankbar.

kulturnews: Apropos: Waren Sie dankbar, dass ein großes Filmstudio das Drehbuch zu „Big Fish“ vorliegen hatte? Ungewöhnlich genug …

Burton: Und wie! Normalerweise muss man einem Studio so eine Geschichte verkaufen, indem man den Inhalt in einem einzigen Satz zusammenfasst, denn mehr verstehen diese Leute nicht. Das ist aber unmöglich mit „Big Fish“. Die Tatsache, dass das Studio den Film initiierte, war sehr ermutigend.

kulturnews: Wie muss man sich Tim Burton als Daddy vorstellen?

Burton: Ich rauche Pfeife in meinen Hausschuhen, trage gestrickte Pullover und mache ganz auf Vater! (lacht)

kulturnews: Waren Sie bei der Geburt dabei?

Burton: Ja, und ich kann nur sagen, das war wie mein eigenes ganz privates Alien-Movie. Mein ganzes Leben lang haben mir Leute immer wieder gesagt, was an mir seltsam ist. Aber die Geburt war das Seltsamste, was ich in meinem ganzen Leben erlebt habe. Ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet. Es war großartig! (lacht)

kulturnews: Wie hat das mit Ihnen und Helena Bonham Carter angefangen?

Burton: Das war eine große Überraschung für uns beide. Für mich liegt alles in den Augen eines Menschen, deshalb liebe ich auch Schauspieler, die mit einem Blick alles ausdrücken können. Helena lernte ich am Set von „Planet der Affen” kennen. Aber da war noch nichts zwischen uns, denn ich sah sie nur als Äffin (lacht). Und dagegen gibt es bekanntlich Gesetze!

kulturnews: „Big Fish” handelt auch von einer Vater-Sohn-Beziehung – wie war Ihr Verhältnis zu Ihrem Vater?

Burton: Ich war ihm nicht sehr nahe, und das hat mich lange Zeit verfolgt. Er war ein guter Typ, aber ich verließ das Nest relativ früh, fand als Erwachsener nie eine enge Beziehung zu ihm. Er war kein Geschichtenerzähler wie Ed Bloom im Film. Aber er hatte etwas von diesem Zauber. Ich erinnere mich daran, wie er bei Vollmond immer seine falschen Zähne rausnahm und mit seinen spitzen Eckzähnen die Kinder in der Nachbarschaft erschreckte. Das brachte mich immer zum Lachen.

kulturnews: Was für eine Beziehung wollen Sie zu Ihrem Sohn aufbauen?

Burton: Tja, er ist ein paar Wochen alt und und wir hatten noch keinen Streit. So weit, so gut! Der Schlüssel zu einer guten Vater-Sohn-Beziehung liegt für mich in der Erkenntnis, dass ich besser nicht zu weit in die Zukunft blicke. Sonst bauen sich Erwartungen auf, die nur enttäuscht werden. Ich denke, es ist wichtig, für den Moment zu leben, jeden Augenblick voll da zu sein und alles zu geben. Denn am Ende ist es eine Reise ins Unbekannte, und das macht es ja auch so schön und interessant. Ich will nur versuchen, mein Bestes zu geben.

kulturnews: Sie haben also keine vorgefasste Philosophie über Erziehung?

Burton: Das wird sich schon entwickeln. Ich habe eine gewisse Ahnung von den Strukturen, aber ich lasse auch zu, dass sie sich verändern. Es ist nett, im Leben immer wieder überrascht zu werden.

Interview: Elisabeth Sereda

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