Tindersticks
Das Sextett Tindersticks fing vor gut zehn Jahren in einer Reihenhaussiedlung in Nottingham an und gilt, ein Dutzend Singles und acht erfolgreiche Alben später, als „traurigste Band der Welt”. Auch das neue Album „Can our Love” hat einen melancholischen Touch – was durchaus als Kompliment verstanden werden kann, wie Dickon Hinchliffe und Stuart Staples kulturnews erklärten.
kulturnews: Die Bandmitglieder von Tindersticks leben in London, Bristol und in Prag. Wie habt ihr das neue Album „Can our Love” überhaupt auf die Reihe gekriegt?
Dickon Hinchliffe: Man muss sehr gut organisiert sein! Wir arbeiten jetzt tatsächlich wesentlich fokussierter: Wenn wir es schaffen, uns alle im Studio zu versammeln, dann wissen wir, was wir tun, warum wir da sind. Früher haben wir ziemlich viel Zeit einfach verdaddelt.
kulturnews: Eure Musik rangiert irgendwo zwischen Tragödie und Glückseligkeit, zwischen Spaghetti-Western und Jazz. Wo fühlt ihr euch musikalisch zu Hause?
Hinchliffe: In unserer Musik geht es nicht um Genres, sondern darum, wie wir uns fühlen. Vielleicht ist das eine spezielle Tindersticks-Einstellung: Wir machen Musik, um uns als Künstler und als Menschen auszudrücken, ohne uns einem speziellem Stil verschreiben zu müssen.
Stuart Staples: Wir erkunden gemeinsam, was uns musikalisch anregt und bewegt. Oder man wacht morgens auf und hat den Fetzen einer Melodie im Kopf, ein Fünkchen irgendwas, das dann von der Band weiterentwickelt wird. Der Enstehungsprozess von „Can our Love” bestand aus einer ganzen Serie dieser inspirierender Funken.
kulturnews: Die Tindersticks gelten als eine der melancholischsten Bands überhaupt, auch das neue Album ist eher traurig und langsam. Seid ihr chronisch depressiv?
Staples: Nein! Aber wir kennen uns als Band schon sehr lange, und da ist es auch normal, darüber zu singen, wo wir im Leben gerade stehen, was so passiert oder was wir beobachten – und manchmal leuchtet eben alles in einem melancholischem Licht. Warum auch nicht? So ist das Leben!
Hinchliffe: Ja, und trotzdem waren die Studio-Sessions total spannend, weil wir bei diesem Album stilistisch und inhaltlich komplett frei waren, wir wussten anfangs auch gar nicht, was wir genau wie machen würden. Die Entwicklung des Albums mal nicht zu kontrollieren, war schon aufregend. Man könnte eher sagen, die Platte hat uns kontrolliert, nicht anders herum.
kulturnews: Ihr nennt euch selber eine europäische Band …
Hinchliffe: Auf jeden Fall, zumal die größte Unterstützung der Clubs, der Fans, immer aus Europa kam, außerdem verkaufen wir auf dem Kontinent die meisten Platten, geben da die meisten Konzerte.
Staples: Schon genial, zumal nicht alle Fans unsere Texte verstehen. Aber das beweist doch wieder, dass Musik von dem Gefühl lebt, das sie transportiert. Man muss halt ein Lied nicht Wort für Wort verstehen, um es gefühlsmässig zu begreifen.
Interview: Ulrike Krahnert