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Together Apart: K3, Hamburg

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Beim Festival „Togetherapart“ zu sehen: „In the forest there is“ von Deter/Müller/Martini (Foto: Anja Beutler)

Seit zehn Jahren existiert das Zentrum für Choreografie Hamburg K3 – und feiert das mit einem Festival

Seit zehn Jahren existiert das Zentrum für Choreografie – Tanzplan Hamburg K3 in einem Seitenflügel der Kampnagel-Hallen und hat sich damit zu einem bundesweit bedeutenden Produktionsort der freien Tanzszene entwickelt, auch wenn die institutionelle Eigenständigkeit von K3 vom breiten Publikum oft ignoriert wird, welches das Programm meist als „Tanztheater auf Kampnagel“ missversteht. Egal, zum Zehnjährigen jedenfalls schenkt sich K3 ein kleines Festival, das sich bis 8. April um „choreografische Annäherungen an ein Zusammenhalten in Europa“ dreht. Drei internationale Teams, Marble Crowd aus Island, Arkadi Zaides aus Israel sowie Chiara Bersani und Marco D’Agostin aus Italien, beschäftigen sich in Uraufführungen mit dem weit über Tanzästhetizismus hinausweisenden Motto, darüber hinaus gibt es ein Symposium zum Thema „Working together transnationally“, und gefeiert wird natürlich ebenfalls: Am 30. 3. fand eine Geburtstagsparty statt, mit „Musik, großen Reden, großen Gesten, Konfetti, Geschenken und vielleicht auch Überraschungen“.

Interview mit K3-Leiterin Kerstin Evert

kulturnews: Kerstin Evert, Glückwunsch zum Zehnjährigen. Sie feiern Anfang April das kleine Festival „Togetherapart“, Ende April startet in Wolfsburg das Movimentos, das finanziell bestgestellte Tanzfestival überhaupt. In der Außenwahrnehmung sind das Welten – kann man da überhaupt vom gleichen Genre sprechen?
Kerstin Evert: Ja, das ist ein Genre, Tanz, und dieses Genre hat unterschiedliche künstlerische Facetten und Ästhetiken, unterschiedliche Größen, unterschiedliche Produktionsformen und Produktionsstrukturen. Movimentos zeigt die große internationale Szene, die großen Compagnien und Gastspiele. Was wir am K3 machen, besteht im wesentlichen darin, dass wir jüngere Künstler fördern, produzieren und ihnen die Möglichkeit zum Arbeiten geben. Da arbeitet man natürlich mit anderen Budgets, da arbeitet man aber auch inhaltlich anders.

Kerstin Evert studierte Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen und war Mitglied des Graduiertenkollegs „Körper-Inszenierungen“ an der FU Berlin. Nach einer Tätigkeit als Dramaturgin gründete sie 2006 das choreografische Zentrum K3 / Tanzplan Hamburg, das sie seither leitet. Evert lehrt unter anderem in Berlin, Bern, Gießen, Hamburg, Frankfurt und Salzburg und ist Mitglied verschiedener Jurys und Beratungsgremien. Foto: Foto: Thies Rätzke
kulturnews: Inhaltlich?
Evert: Naja, als choreografisches Zentrum laden wir keine Gastspiele ein. Es geht darum, Künstlern die Möglichkeit zu geben, ihre Ideen, ihre Konzepte in ein Stück umzusetzen und dabei wiederum Zeit zu haben, in die Recherche und in die eigene künstlerische Entwicklung zu investieren. Wir kuratieren nicht in dem Sinne, dass wir sagen: Dieses Jahr gibt es das Thema xy, und nächstes Jahr das Thema z, sondern wir machen eine freie Ausschreibung, schauen uns an, was uns vorgeschlagen wird und ob das Konzepte sind, die über einen so langen Zeitraum, acht Monate Residenz, tragen, die aber auch als Arbeitsvorhaben inhaltlich interessant sind und gleichzeitig für die Entwicklung eines Künstlers Sinn machen.

kulturnews: Inwiefern grenzen Sie sich ab von ähnlichen Institutionen wie dem Frankfurter Mousonturm, PACT Zollverein in Essen oder den Berliner Sophiensælen?
Evert: Eine Abgrenzung finde ich gar nicht wichtig, weil ich glaube, dass jedes Haus versucht, ein eigenes Profil zu haben und dieses Profil aus der jeweiligen Logik des Ortes zu entwickeln. Es gibt Überschneidungen in der Arbeitsweise zum Beispiel zu choreografischen Zentren in Frankreich und in den Niederlanden. Aber das heißt nicht, dass es nicht trotzdem Gemeinsamkeiten in Deutschland gibt – zum Beispiel mit PACT Zollverein. Mit den Sophiensælen haben wir häufig zusammengearbeitet, mit dem Mousonturm und vielen weiteren Kollegen stehen wir auch immer wieder im Austausch.

kulturnews: Zentral im K3-Programm sind Residenzprogramme. Ich habe den Eindruck, dass die perfekt sind für jüngere Künstler, die ihr zweites, drittes eigenes Stück machen. Aber wie geht es für die dann weiter?
Evert: Da ist dann eben auch die Synergie mit dem Hamburger Kulturzentrum Kampnagel gut. Viele unserer Residenten, Jenny Beyer, Sebastian Matthias, Ursina Tossi arbeiten im Anschluss an die Residenz mit den Kollegen von Kampnagel weiter, über die sogenannten Spielstättennachweise und über die Projektförderung. Viele der am K3 entstehenden Stücke touren auch häufig. Da sieht man, dass so ein Netzwerk ganz gut funktioniert. Ich glaube, dass es eine Referenz sein kann: Die Künstler waren hier im Residenzprogramm, das beweist dann schon eine gewisse Qualität.

kulturnews: Es gab eine Vernetzung ins Stadttheatersystem, nach Freiburg. War die ein Erfolg?
Evert: Aus meiner Perspektive ja. Weil ich finde, dass es wichtig ist, wenn diese Strukturen miteinander in Dialog kommen. Auch wenn es da sicherlich auch Schwierigkeiten mit dem anderen Produzieren, dem anderen Denken, der anderen Logik geben kann.

kulturnews: Das Stadttheatersystem galt ziemlich lange als das Böse, mit dem man nichts zu tun haben wollte. Verändert sich da im Denken der Stadttheater was?
Evert: Schwierig zu sagen. Jeder Ort funktioniert anders, also ist auch jedes Stadttheater anders aufgestellt. Ich habe aber diese Diskussion immer ein bisschen mit Fragezeichen betrachtet, Stadttheater zu verdammen und zu sagen, die freie Szene sei die Zukunft. Wie häufig sieht man denn ein gefördertes Stück der Freien Szene in einer Stadt? Circa fünfmal, das ist dann schon viel. Und die meisten Produktionen verschwinden danach, mit der Folge, dass der Künstler für mindestens ein Jahr in der eigenen Stadt nicht sichtbar ist. Ich glaube, da haben Stadttheater mit ihrer Repertoirestruktur auch sehr positive Seiten, die man in der freien Szene noch nicht nutzt.

Interview: Falk Schreiber

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