Tom Cruise
Tom Cruise ist der Sonnenschein von Hollywood: immer lächelnd, immer nett, und viele seiner Aussagen könnte man ungekürzt auf einem Kalenderblättchen veröffentlichen. In Michael Manns „Collateral“ spielt der 42-Jährige einen zynischen Auftragskiller. Trotzdem wirft Cruise weiterhin mit Lebensweisheiten um sich.
_ulysses: Mister Cruise, müssen Sie sich abschotten, um ein normales Leben führen zu können?
Tom Cruise: Im Gegenteil, ich will das Leben voll an mich heranlassen. Meine berufliche Position erlaubt es mir, Menschen in einer privilegierteren Art und Weise kennenzulernen. Denn obwohl ich berühmt bin, lebe ich mein Leben nicht hinter einer Wand. Ich mache sehr viel, das mich mitten ins Leben bringt. Apropos normal: Ich habe bisher noch niemanden getroffen, von dem man sagen könnte: Das ist eine normale Person. Das meine ich nicht abschätzig. Aber wenn man einmal über den Smalltalk und das Wetter hinaus ist, dann hat jede Person eine Geschichte zu erzählen. Jeder Mensch hat seine eigenen Abenteuer und Dramen erlebt, und die sind unglaublich einzigartig. Das macht das Leben wirklich spannend und schön.
_ulysses: Sie haben einen anstrengenden Beruf und machen nebenbei noch Extremsport. Sind Sie dazu nicht langsam zu alt?
Cruise: Es gibt ein gutes Zitat in „Heat“: Action ist das Salz in der Suppe. Ich liebe es. Ich mag die Herausforderung, ich mag das Gefühl von Ich-kann-das. Schon als Kind machte ich verrückte Sachen. Ich weiß nicht, ob Sie die Geschichte schon kennen: Als ich vier Jahre alt war, hatte ich diesen GI Joe, den man in die Luft werfen konnte und der dann mit einem Fallschirm heruntersegelte. Ich fand den super! Außerdem sah ich ein paar Fallschirmspringer im Fernsehen und wollte das unbedingt auch machen. Also nahm ich die Laken von meinem Bett, band Schnüre daran und sprang vom Dach. Dabei schlug ich mich selbst k. o. Ich war vier …
_ulysses: Wie war Ihre Mutter, als Sie klein waren?
Cruise: Sie hielt mich nie von etwas ab. Als Kind verließ ich oft das Haus, um spazieren zu gehen. Zum Glück ist meine Mutter eine geduldige und liebende Person. Sie hatte nie Angst. Trotz all der verrückten Dinge, die ich gemacht habe, hat sie nie rumgeschrien. Sie nahm mich zur Seite und sagte: Schau, wenn du das Haus verlassen willst, dann hol mich und wir gehen gemeinsam auf ein Abenteuer. Ich glaube, sie hat sehr früh erkannt, wie wichtig das für mich war. Meine Mutter hat einen sehr abenteuerlichen Geist. Und sie ist sehr freigiebig. Wir hatten nicht viel Geld, aber manchmal lud sie einfach Leute zu uns ein. Wenn ich aufwachte, saßen da plötzlich Menschen am Frühstückstisch. Meistens waren sie aus Europa, hatten kein Geld oder wurden ausgeraubt. Mutter brachte sie zu uns nach Hause, wo sie ein paar Tage bleiben konnten. Sie mussten uns dafür etwas aushelfen. So wurden wir erzogen. Man musste etwas beisteuern und man musste sich gegenseitig helfen.
_ulysses: Wie finden Sie Balance?
Cruise: Ich genieße das Leben jeden Tag. Das ist eine Herausforderung, denn das Leben ist nicht perfekt. Es wird auch nie perfekt sein. Aber das ist ein Teil des Abenteuers. Ich habe Mittel und Wege, damit ich das Leben genießen kann. Ich mag meine Arbeit, liebe meine Kinder. Ich bin sehr vielseitig engagiert. Wenn ich etwas tue, dann mache ich das aber nicht dilettantisch. Sei es als Vater, Freund, Ehemann, Produzent oder Schauspieler, ich gebe immer alles. Wenn mich jemand fragt, was das Schlimmste in meinem Leben ist, muss ich mich selbst fragen: Was soll ich dazu sagen? Ich bin ein glücklicher Mensch. Ich kann das tun, was ich liebe. Deshalb werde ich mich nicht darüber beklagen. Ich arbeite lange, will aber auch meine Kinder sehen. Deshalb arrangiere ich meine Termine um meine Kinder herum. Das kann man gut ausbalancieren. Es ist aber ein ständiges Abwägen. Wie viel Aufmerksamkeit gebe ich den Kindern? Wie viel Aufmerksamkeit gebe ich dem Film? Produzent zu sein ist ähnlich wie Vater zu sein. Nur hat man statt zwei Kindern manchmal eine 1 000-köpfige Crew unter sich. Das ist ein ganz schöner Höllenritt.
_ulysses: Wie erklären Sie Ihren Kindern, was Sie tun?
Cruise: Ich glaube, ich habe mich nie hingesetzt und meinen Kindern erklärt, was ich genau tue. Sie schauen sich einfach die Filme an und denken: Da hängt Dad von einem Kabel. Sie sehen einfach, wie sehr wir das genießen und dass das Spaß ist.
Sie waren ja auch schon oft mit dabei. Sie waren in der Maske, sie sehen, wie wir uns vorbereiten. Ich habe ihnen den Unterschied zwischen Produzent, Regisseur und Schauspieler erklärt. Sie sind halt einfach damit aufgewachsen. Wir haben uns nie an den großen Familientisch gesetzt, um darüber zu diskutieren. Eigentlich ist das komisch, denn ich bin nicht aufgewachsen wie sie. Es ist alles so anders. Ich erinnere mich daran, dass meine Tochter in der Spielgruppe realisierte, dass nicht alle Eltern im Fernsehen und auf Magazinen sind. Das ist wirklich lustig.
_ulysses: Wie steht es mit Ihrem Liebesleben? Haben Sie nach Ihrer Scheidung vom Nicole Kidman die Liebe aufgegeben?
Cruise: Ich werde die Liebe nie aufgeben! Niemals! Ich liebe Beziehungen. Ich liebe Frauen. Ich bin der Typ, der wieder heiraten wird. Ich werde das nie aufgeben.
Interview: Jonathan Strauss