Tom DiCillo
Kafka, Blondinen und die Marx Brothers gehen in Tom DiCillos aktuellem Film „Echt Blond“, der seit Ende Juli in den hiesigen Kinos läuft, eine schillernde Symbiose ein. Doch treue DiCillo Fans, die noch immer von der Satire „Living in Oblivion“und dem rührenden Roadmovie „Box of Moonlight“ (1997) schwärmen, sind gespaltener Meinung – was den amerikanischen Low-Budet Filmemacher allerdings nicht verunsichert. Im September wird erneut die Filmklappe fallen.
KULTUR!NEWS: Mr. DiCillo, fassen Sie doch bitte mal „Echt Blond“ in einem Satz zusammen.
Tom DiCillo: Es ist eine Komödie irgendwo zwischen Kafka und den Marx Brothers, über das, was heutzutage zwischen Männern und Frauen los ist.
K!N: Was ist denn kafkaesk an Ihren Filmen?
DiCillo: Kafka ist ein Humorist. Wenn ein Mann aufwacht und entdeckt, daß er eine Kakerlake ist, finde ich, ist das lustig. Ich glaube, jeder fühlt sich manchmal so. Oft wissen wir nicht, wer wir sind. Die Außenwelt erscheint einem völlig feindlich. Und das ist nicht weit entfernt davon, was die Marx Brohters tun – wenn zum Beispiel Harpo ankommt und jemandem mit der Faust ins Gesicht schlägt. Wenn man sich meine Filme anschaut, wollen fast alle Charaktere entweder zu sich selbst finden oder machen damit weiter, etwas zu sein, was sie nicht sind. Wie bei Kafka.
K!N: Bevorzugen Sie Blondinen im wirklichen Leben?
DiCillo: Manchmal … ich habe keine speziellen Vorlieben. Wissen Sie, Frauen gibt es in allen Formen und Größen, aber für die meisten Männer in Amerika verkörpert eine echte Blondine die Perfektion, für die sie töten würden. Sie glauben, wenn sie eine solche Schönheit besitzen, werden sie glücklich. Auch davon handelt mein Film.
K!N: „Echt Blond“ hat kaum gute Rezensionen bekommen. Was ist Ihnen lieber: daß ein Film den Kritikern gefällt oder möglichst viele Leute ihn sehen?
DiCillo: Das Wichtigste ist, daß ich den Film mag. Manchmal wünschte ich mir jedoch, daß ein paar Leute mehr den Film gesehen hätten – und daß die Kritiker einfach verstehen, was ich versucht habe zu sagen. Ich war sehr erstaunt darüber, wie schnell sie „Echt Blond“ verdammt und seine Grundaussage verkannt haben. Ich würde nicht soviel Zeit und Mühe in einen Film investieren, wenn ich nichts zu sagen hätte. Ich bin kein Hollywood-Filmemacher. Filmen ist wie eine aggressive Art von Energie, die ich liebe. Es gibt mir das Gefühl, gegen etwas an zu kämpfen. Es ist meine Art, die Dummheit, der ich überall begegne, zu bekämpfen.
K!N: Und was wäre der letzte Satz in ihren Memoiren?
DiCillo: Keep smiling!
Interview: Ina Kersten