Tom Liwa
Er spielt Musik für Leute, die sensible Männer zu schätzen wissen. Tom Liwa, der Softiepoet aus dem Pott, kommt wieder auf Tour.
city.mag: Tom, wenn ich deine Alben mit einem einzigen Gesichtsausdruck vergleichen müsste, würde ich sagen: „trauriges Lächeln“. Du reflektierst melancholisch über Gefühle und Beziehungen, und das sehr nachsichtig, niemals aggressiv …
Tom Liwa: Ich definiere mich als moralischen Künstler, und Aggression halte ich an mir selber für keine wünschenswerte Position. Wenn du es schaffst, sie zu kontrollieren, entsteht aus diesem Erfolg eine Euphorie, die mindestens genauso viel wert ist wie das Gefühl, irgend was zersägt zu haben.
city.mag: Deine Texte sind kunstvoll unpoetisch. Alltagssprache als lyrische Basis?
Tom Liwa: Ich will treffen, berühren – so wie echte Kommunikation. Dafür ist es unabdinglich, nicht mit zu vielen Metaphern zu arbeiten, sondern auf Authentizität zu setzen.
city.mag: Du hast mittlerweile Familie. Wirkt sich dieses Zurruhekommen auf deine Kreativität aus?
Tom Liwa: Ich empfinde es als angenehme Begleiterscheinung des Älterwerdens. Heutzutage geht ja, zumindest bei Männern, die Pubertät von 10 bis 35.
city.mag: Mindestens …
Tom Liwa: Mindestens. Und es ist schön, irgendwann die Kurve zu kriegen und doch noch erwachsen zu werden. Jugend, dieses ständige Jagen: Das determiniert die Themen. Heute ist meine Themenwahl freier, ich kann viel strategischer überlegen. Du hast ja auch den Paradigmenwechsel mitgekriegt: Viele Feinde, mit denen wir aufgewachsen sind, sind als Feinde nicht mehr so deutlich zu erkennen – weil wir in einer Welt leben, in der Form und Inhalt sich vermischen. Noch ist ein Bild von einem Baum nicht das Gleiche wie ein Baum, aber in der Kultur sind wir schon fast so weit.
city.mag: Der Volksbühnen-Dramaturg Carl Hegemann hat dich mal in eine Reihe mit Vergil, Walter und Hölderlin stellt. Wirst du da nicht schamrot?
Tom Liwa: Sagen wir’s mal so: Ich bete jeden Tag zu Gott, er möge mich vor meinem Ego schützen. Aber natürlich bin ich danach zwei Tage lang aufrechter gegangen.
Interview: Matthias Wagner