Tortoise: Interview
In die Vollen? Nein, Indie voll anders. Tortoise spielen nicht wirklich Rock auf „TNT“ (City Slang), sondern irgend etwas zwischen allen Genres – etwas, das auf jeden Fall ziemlich neu klingt. Zur Tour sprachen wir mit John Herdon, einem der fünf Innovatoren aus Chicago.
KULTUR!NEWS: John, habt Ihr damit gerechnet, mit eurer experimentellen Musik einen solchen Erfolg zu haben?
John Herdon: Nie im Leben! Das Musikgeschäft ist eine bizarre, unberechenbare Welt. Aber machen wir uns nichts vor: Erfolg verblaßt heutzutage schnell.
K!N: Musikalisch jedenfalls paßt Ihr in keine Schublade.
J. H.: Vielleicht, weil wir ohne kommerzielle Hintegedanken Musik ausdrücken, die wir im Kopf haben.
K!N: Und kann man davon gut leben?
J. H.: Man kann. Aber um welchen Preis? Mit dem Erfolg kommen auch brutale Verpflichtungen der Branche und der Öffentlichkeit. Plötzlich soll man in Interviews über das reden, was man fühlt und in Musik verwandelt. Deshalb wird Tortoise immer nur ein Projekt sein.
K!N: Um ein Hintertürchen offen zu haben?
J. H.: Genau. Individuelle musikalische Entwicklungen außerhalb von Tortoise halten einen nämlich frischer. Jeder von uns braucht Luft zum Atmen.
K!N: Sind zu viele musikalische und persönliche Einflüsse nicht hinderlich?
J. H.: Nein, es wird zum Prinzip. Wir legen möglichst wenig fest, sind offen für jeden Stil und fügen unsere vagen Ideen patchworkartig zusammen. Vielleicht spricht unsere Musik deswegen vom Rave-Kid bis zum Familienvater alle an.
K!N: Und wieso spielt Ihr nur instrumentale Musik?
J. H.: Wir verarbeiten schon Stimmen, allerdings verfremdet. Ihr würdet mich aber wirklich nicht singen hören wollen!
Interview: Tine Wollmann + Malte Siegert
Foto: Gunnar Geller