TV-Tipp: „Ich, Daniel Blake“auf 3sat – für Solidarität!
Trotz übermäßiger Polemik und vereinfachender Story hat das Sozialdrama von Ken Loach sein Herz am rechten Fleck. Unser Filmtipp
Nein, dieses neue sozialrealistische Drama des Trotzkisten, Klassenkämpfers und linken Moralisten Ken Loach ist kein gelungener Film. Der 80-Jährige attackiert darin den britischen Sozialstaat; dieser wurde unter David Cameron zu einem inhumanen System umgebaut, das sich nicht auf die Unterstützung Bedürftiger, sondern auf ihre Bestrafung und Erniedrigung konzentriert. Loach hat sich also schon das richtige Ziel ausgesucht – nur stellt er sein Visier auf zu einfache Ziele ein. Der 60-jährige Tischler Daniel (Dave Johns) kann nach einer Herzattacke nicht mehr arbeiten. Das Sozialamt aber stuft ihn als arbeitsfähig ein. Daniel gerät ins Räderwerk der kafkaesken Bürokratie, versackt in Warteschleifen, sitzt in sinnlosen Bewerbungskursen, verkauft seine Möbel und freundet sich mit der allein erziehenden Katie (Hayley Squires) an, die – wie in einer viktorianischen Moralfabel von Dickens – aus der Not direkt in die Prostitution abgleitet.
Loach ist undifferenziert, fortschrifttsfeindlich, polemisch – und doch ist „Ich, Daniel Blake“ ein wichtiger Film. Denn sein gutes Herz schlägt heftig für die Aussätzigen der Gesellschaft, er propagiert vehement Solidarität, greift wütend neoliberale Regierungen an, die Schwache und Arme wie Straftäter verfolgen. Loach’ Kritik erreicht seinen Höhepunkt, wenn die ausgehungerte Katie in der Tafel gespendete Lebensmittel erhält und sofort gierig eine Dose Erbsen in sich hineinstopft, weil sie tagelang gehungert hat, damit ihre Kinder etwas zu essen haben. Die Tränen der Scham, die sie darüber vergießt, sind eine der bittersten Anklagen gegen soziale Ungerechtigkeit im neueren Kino. Allein dafür ist der Film es wert.