TV-Tipp: Mickey Rourke ist „The Wrestler“
In Darren Aronofskys Drama gibt Rourke die Performance seines Lebens – und erinnert an seine eigene Laufbahn. Unser Filmtipp
Mickey Rourke ist Frankensteins Monster in diesem Film. Von Schönheitsoperationen, Drogenmissbrauch und der zersetzenden Kraft von Krisen entstellt, sieht sein Gesicht aus, als hätte man es aus vier verschiedenen Leuten zusammengenäht. Doch genau wie das Horrormonster aus dem Labor sehnt sich auch der abgehalfterte Profiwrestler Randy „The Ram“ Robinson – wie sein Darsteller Rourke in den 80ern ein Star – nach Liebe und einem Platz im Leben.
Es ist ein klassisches Außenseiterdrama, oft zu erwartbar und süßlich. Natürlich hat der in einem Trailerpark hausende und auf provinziellen Wrestlingveranstaltungen in den Pfützen des Ruhms badende Randy eine junge Tochter, die er sitzen ließ; natürlich versucht er, wieder Kontakt zu ihr aufzunehmen, wie ihm die Nackttänzerin Cassidy (sehr mutig: Marisa Tomei) empfiehlt; natürlich versaut er diese Chance, natürlich ist die Beziehung zur natürlich alleinerziehenden Cassidy zum Scheitern verurteilt, dazu sind ihre Seelen zu versehrt. Randy, der außerhalb des Rings nie eine Identität oder Akzeptanz fand, sieht sich zum Leben zwischen den Seilen geboren – und dort will er auch sterben, die jahrelange Einnahme von Steroiden hat sein Herz stark geschwächt.
„The Wrestler“ gewann in Venedig den Goldenen Löwen
Darren Aronofskys beim Filmfest in Venedig mit dem Hauptpreis ausgezeichnetes Werk steht und fällt mit Rourkes anrührender Darstellung. Daher ist „The Wrestler“ auch am schönsten und ehrlichsten, wenn die Kamera Randy einfach zuschaut: beim Tappen vor dem Kampf, bei der Körperpflege, beim fast zärtlichen Umgang mit anderen Wrestlern, bei einer Autogrammstunde, beim Durchschauen alter Fotos mit seiner billigen Lesebrille und dem Hörgerät im Ohr.
So nackt macht sich Rourke in diesen Szenen, körperlich wie seelisch, so viel Würde liegt dann in dieser Figur, dass es einem den berühmten Kloß im Hals beschert. „Ich bin ein altes, ausgemergeltes Stück Fleisch, und ich verdiene es, alleine zu sein“, sagt Rourke einmal zu seiner Filmtochter. „Ich will nur nicht, dass du mich hasst.“ Diese Worte, so spürt man, sind auch ein Stück weit an uns gerichtet, vor deren Augen Rourke sein Leben fast ruiniert hat.