TV-Tipp: Nina Hoss als KZ-Überlebende in „Phoenix“
Zwischen Geschichte, Film noir und „Vertigo“: Christian Petzolds dunkle Parabel ist unser Spielfilmtipp des Tages.
In ihrer fünften Zusammenarbeit mit Regisseur Christian Petzold spielt Nina Hoss die Auschwitz-Überlebende Nelly, die im Juni 1945 mit entstelltem Gesicht in ihre Heimat zurückkehrt – nach einer erfolgreichen Gesichtsoperation macht sie sich auf die Suche nach ihrem Mann Johnny, der sie verraten hat. Er erkennt sie nicht und macht ihr einen fatalen Vorschlag: Nelly soll sich als seine totgeglaubte Frau ausgeben, um an das Erbe ihrer Familie zu kommen. Getrieben von der Hoffnung auf einen Neubeginn lässt sie sich darauf ein – doch ist es möglich, wie der titelgebende mythische Vogel aus der eigenen Asche aufzuerstehen, aus dem, was nach Jahren des Leidens noch übrig ist? Nach den erlebten Gräueltaten wieder der Mensch zu werden, der man vorher war?
Die Story könnte unwahrscheinlicher nicht sein, doch ist Petzolds dunkle Parabel trotz ihres gewichtigen Unterbaus vor allem Kino. Eine ab- und hintergründige Variante des Humphrey-Bogart-Films „Die schwarze Natter“, die der Ikonografie des Film noirs näher ist als dem Realismusanspruch hiesiger Geschichtsfilme; das nächtliche Nachkriegsberlin ist in blutrotes Licht gehüllt, in verwinkelten Gassen werfen zwielichtige Gestalten ihre Schatten auf den Asphalt – und ein geladener Revolver weist den Weg zum höchst ambivalenten Ende.
„Phoenix“ läuft um 23.25 Uhr auf 3sat.