„Uncivilized“: Alltagsrassismus in Deutschland
Um Mitternacht im ZDF und rund um die Uhr in der ZDF-Mediathek: die empfehlenswerte Dramaserie „Uncivilized“ des Regisseurs Bilal Bahadir über Rassismus im deutschen Alltag.
Die Dramaserie „Uncivilized“ des Regisseurs Bilal Bahadir ist eine Eposodenserie, in der er sich postmigrantische Menschen mit Rassismus in Deutschland konfrontiert sehen. So unterschiedlich diese Menschen sind, so unterschiedlich die Varianten des Rassismus sind, den sie erleben müssen, so unterschiedlich fällt ihre Reaktion aus. Der Fünfteiler wird an zwei Abenden viel zu spät im ZDF ausgestrahlt und kann in der ZDF-Mediathek gestreamt werden.
Die erste Folge des Fünfteilers „Uncivilized“ heißt „Hanau“ und spielt in einer Nacht, in der Can mit seinen Freunden den Abschluss einer Lehre feiern möchte. Doch nichts läuft so ab, wie sie sich es vorstellten: Sie kommen in keinen Klub rein und am Ende nicht mal in eine Shisha-Bar. Ihr Auftreten mag nicht immer vorbildlich sein, und als sie sich ein Handy leihen wollen, um einen Freund anzurufen, kriegt der Eigentümer Angst und ruft die Polizei. Obwohl die Jungs am Ende die Polizisten überzeugen können, dass die keine Diebe sind, werden sie vorher völlig unverhältnismäßig brutal und beschämend behandelt. Eine weitere Folge mit dem Titel „Ukraine“ zeigt den latenten Rassismus einer deutschen Frau, die eine geflüchtete Ukrainerin aufnehmen möchte und – als ihr aufgrund eines Missverständnisses ein männlicher Syrer zugewiesen wurde – völlig überreagiert und sich in ihrer Ablehnung rassistischer Argumentationsmuster bedient. Eine dritte Folge spielt am Tag von 9/11 und dem Tag danach, an dem eine muslimische Lehrerin im Referentariat Opfer der aufgeheizten Stimmung im Kollegium des Gymnasiums zu werden droht. Alle bisher gesichteten drei Folgen zeichnen sich nicht nur durch sehr gutes Schauspiel aus, sondern darüber hinaus auch durch ein hervorragendes Drehbuch und eine entsprechend gute Umsetzung. Was auffällt: Niemand ist nur perfekt und auf der guten Seite, alle machen Fehler, aber nichts rechtfertigt Rassismus und Stigmatisierung. Dass komplett auf Schwarz-Weiß-Malerei verzichtet wird und der gezeigte Rassismus nicht mit dem Zeigefinger vorgeführt wird, sondern sich innerhalb der Handlung entwickelt, macht schließlich die Qualität der Serie aus: Regisseur Bilal Bahadir zeigt das, was er und viele Menschen mit Migrationshintergrund erlebten und erleben, spielerisch in einer hervorragend inszenierten, realitätsnahen Fiktion. Wer die Serie streamt, kann als sechsten Teil des Fünfteilers noch eine 15-minütige Doku sehen, in der drei Betroffene erzählen , wie Alltagsrassismus auf sie wirkt und was er in den Menschen anrichtet – sie berichten persönlich, aber auch mit dem professionellen Blick einer Journalistin etwa oder eines Hochschulprofessors.