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Vladimir Sorokin: Telluria

Vladmir Sorokin, der Spezialist für Dystopien, hat es wieder getan. In seinem Roman „Telluria“ zeigt er uns eine Zukunft, die zivilisatorisch ein enormer Rückschritt ist. Im Gegensatz zum Roman „Der Tag des Opritschniks“ aber kommt der Russe fast ohne explizite Gewalt aus, zeigt uns vielmehr die kuscheligen Momente in schlimmen Zeiten, wenn auch gerne ironisch verpackt. Oft ist der Ton gar der eines Märchens. Menschen laufen mit Siebenmeilenstiefel, Pferde sind so groß wie ein dreistöckiges Haus, Menschen so klein wie Däumlinge, andere tragen den Kopf eines Tieres. Russland ist Mitte des 21. Jahrhunderts nach mehreren großen Kriegen in kleinste Kleinstaaten zerfallen, und Europa wehrt sich gegen den Islam. Köln wurde gerade erst von den Taliban befreit und darf wieder Karneval feiern, während sich in ganz Westeuropa noch islamistische und christliche Lager gegenüberstehen. So zersplittert wie die euroasiatische Landkarte ist auch der Roman: 50 Kapitel, die personell keine Berührungspunkte miteinander haben und stilistisch völlig unterschiedlich sind, zeigen uns, wie es noch im letzten Winkel dieser neuen Welt aussieht. Das einzig Verbindende zwischen den Kapiteln wie auch den Menschen ist die Droge Telluria, die den Menschen von „Zimmermännern“ mit Hämmern ins Hirn gerammt wird. Wie eine Droge wirkt auch dieser Roman, dessen 50 Teile man sich am liebsten auf einen Schlag verabreichen möchte, so kurzweilig, witzig und intelligent ist er runtergeschrieben.

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