Wallenstein: Schaubühne, Berlin
Der Anti-Stein: Michael Thalheimer inszeniert „Wallenstein“ in Berlin.
Vor fast auf den Tag genau neun Jahren zeigte der ehemalige Schaubühnen-Hausherr Peter Stein schon einmal einen „Wallenstein“ in Berlin – ein von unter anderem der Deutschen Bank finanziertes Mammutprojekt, zehn Stunden werktreuer Schiller, für die sich kein Theater am Ort hergab und das entsprechend in der Neuköllner Kindlhalle stattfand.
Angesichts solch eines mittel- wie zeitverschwenderischen Theatermarathons kommt „Wallenstein“ jetzt wieder im Alltag des Stadttheaters an, auch wenn die Schaubühne natürlich kein prototypisches Stadttheater ist, auch wenn Regisseur Michael Thalheimer im Vergleich zum erklärten Textdiener Stein der radikalere Theatermacher ist. Selbst wenn Thalheimer nicht mehr jedes Stück konsequent auf 90 Minuten zusammenkürzt: Der 50-Jährige bleibt ein Mann der kurzen Form, der vorzugsweise klassische Stoffe auf ihren zumeist gewalttätigen Kern reduziert.
Am Deutschen Theater inszenierte er einst viel beachtet Goethes „Faust“, Schillers zentrales Stück „Wallenstein“ bildet hier eine Art Parallele der zwei wichtigsten Dramatiker der deutschen Klassik. „Auf welchen Wahrheiten kann also die Entscheidung gründen, wenn der Einzelne seine Gegenwart nicht als Glücksspiel erleiden will?“