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Wo sind wir jetzt?

Ton Steine Scherben
(Fotodesign: Browse Studio Foto: Michael A. Russ)

Ton Steine Scherben feiern ihr 50. Jubiläum mit einem Jahr Verspätung. Was man daraus lernen kann.

Wie seltsam passend das ist. Das Festival „Wenn die Nacht am tiefsten“ sollte 2020 ein halbes Jahrhundert Ton Steine Scherben feiern. Jetzt wird es Gott sei Dank nachgeholt. Denn der Titel des Festivals, den der referenzierte Song mit „ … ist der Tag am nächsten“ weiterführt, sagt eigentlich schon alles: Die ganz und gar unzynische, unkalkulierte Hoffnung auf etwas Besseres ist das, was Ton Steine Scherben besonders gemacht hat.

Deshalb gilt es, diese Band zu feiern, und das gerade jetzt, allen Widrigkeiten zum Trotz. Und wie: Zwei Jubiläumskonzerte der verbliebenen Mitglieder von Ton Steine Scherben in Berlin am 11. und 12. Juni werden von einem ausgiebigen Rahmenprogramm flankiert, das die Geschichte der Band, ihre Verbundenheit mit der Berliner Kulturszene und ihren Aktivismus aufleben lässt. Vom 4. bis zum 13. Juni bietet das Scherben-Festival Veranstaltungen, die von historischen Fotoausstellungen über Filmvorführungen und Podiumsgespräche bis hin zu Kunstperformances reichen.

Ehe das Festival am 7. Juni eröffnet, beginnt bereits am 4. Juni die Fotoaustellung „Rote Rübe – Liebe Tod Hysterie“. Darin werden historische Fotos der Premiere des gleichnamigen Stücks zu sehen sein, das das Rote Rübe Theaterkollektiv geschrieben, und für das die Band die Musik geliefert hat. Am 9., 11., 12., 19. und 26. Juni finden Stadtspaziergänge mit Führung statt, die die Berliner Orte besucht, die besonders mit der Band in Verbindung stehen.

Und natürlich darf auch der Diskurs nicht fehlen: Am 10. Juni findet ein Symposium über die akademische Beschäftigung mit dem Werk der Band statt,  und am 13. Juni lesen Wegbegleiter*innen der Scherben aus ihren Büchern mit Geschichten aus dem Leben der Band, mit einer anschließenden Diskussionsrunde. Parallel dazu erscheint „50 Jahre“, eine Best-of-Retrospektive, die das Werk der Band von „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ bis „Bist du’s“ bündelt.

All das ist eine wichtige Erinnerung. Nicht nur die Konzerte, sondern vor allem das Rahmenprogramm, die Anbindung an die Kulturszene jenseits der Marke Ton Steine Scherben. Die historische Einbettung, die Anbindung der Kunst an den politischen Diskurs, und immer wieder die radikale Hoffnung.

In einer Zeit, in der die Coronapandemie soziale Ungerechtigkeit allerortens offenlegt, in der die Klimakrise sich immer weiter zuspitzt, und in der rechte Akteur*innen und reaktionäre Bewegungen sich immer besser im öffentlichen Diskurs platzieren können, ist Kultur überlebensnotwendig. Wir brauchen diese Hoffnung, wir brauchen Kunst und Kultur als Berührungs- und Vernetzungspunkt und eben auch einfach als Trostspender. Ton Steine Scherben könnten als Vorbild aktueller und wichtiger gar nicht sein.

Wenn die Nacht am tiefsten – ein Scherben-Festival findet vom 4.–13. Juni an diversen Orten in Berlin statt. Das ganze Programm findet ihr auf der Website des Festivals.

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