Wie der Zirkus in Deutschland überlebte

Nicht nur für Kinder ist der Zirkus Kult. Doch für viele Schausteller ist das Überleben unter finanziellen Gesichtspunkten schwierig geworden.
Der Zirkus in Deutschland blickt auf eine Lange sowie traditionsreiche Geschichte zurück. Und neben Großveranstaltungen und Events bleibt er weiterhin Kulturgut in der BRD. Doch das Überleben der Schausteller ist nicht einfach, denn die finanziellen Aufwendungen sind hoch.
Der Zirkus: Ein Risikogeschäft
Seit mehr als 40 Jahren gibt es den Circus Roncalli nun. Dabei ist dieser schon lange nicht mehr, wie er war. Denn das Bild vom klassischen Zirkus hat sich stark gewandelt. Hinzukommt, dass dieser mit immer mehr konkurrieren muss. Schließlich vergnügen sich immer mehr Menschen im Internet, gehen ins Fußballstadion oder geben ihr Geld lieber dafür aus, in die Natur zu kommen. Zirkusse wie Barum, Sarrasani oder Renz gibt es schon nicht mehr. Schnelle Kredite mögen dem einen oder anderen bei der kurzfristigen Finanzierung helfen – auf lange Sicht müssen allerdings andere Lösungen her. Auch wenn sich heute der Kredit völlig unkompliziert und bequem in Internet beantragen lässt und oft schon nach kürzester Zeit zur Auszahlung bereitsteht, ist das für einen Zirkus nur im Ausnahmefall eine Lösung. Was für Privatpersonen oder Künstler als schneller Kredit gut funktioniert, ist für einen Zirkus eher unpraktikabel, da es um sehr viel Geld geht.
So wie etwa der Circus Roncalli der sich selbst mehr als Künstler denn als Unternehmer versteht. Dass es den Zirkus dennoch gibt, grenzt schon fast an ein kleines Wunder. Denn noch im Jahr 2013 schloss die Gesellschaft, die den Zirkus betreibt, das Geschäftsjahr mit einem Minus von 250.000 Euro ab. Bernhard Paul, verantwortliches Multitalent des Circus Roncalli schaffte es jedoch in besagtem Jahr, einen Gewinn von rund 330.000 € zu erwirtschaften. Hierfür musste er kreativ sein und das zeigt, was alles möglich ist, wenn man sich nur etwas einfallen lässt.
Nebengeschäfte als wichtiges Plus
So vermittelt er etwa Zirkuskünstler für Galas, hat ein Roncalli-Kaffeehaus in Hamburg, ist Ausrichter für den Hamburger Rathausmarkt zu Weihnachten und betreibt das Apollo-Varieté. Ohne diese Nebengeschäfte wäre es dem Künstler nicht möglich, seinen Zirkus weiterzubetreiben. Denn die rund 150 Zirkusleute, die zu den Shows auftreten, wollen gebührend bezahlt werden. Hier kommen pro Monat schnell 400.000 Euro zusammen. Somit ist klar, dass der Zirkus sich nicht ohne das Geld aus anderen Bereichen finanzieren könnte. Die Einnahmen aus dem Tagesgeschäft wären schlicht nicht ausreichend.
Die Hochzeit des Zirkus‘
Zudem liegt die Blütezeit des Zirkus‘ in Europa schon einige Zeit zurück. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erfreute sich der Zirkus im Allgemeinen besonders großer Beliebtheit. Das in den USA erfundene Zirkuszelt ermöglichte es den Schaustellern fortan umherzuziehen. Bereits im Jahr 1826 wurde eine zeltähnliche Plane genutzt, um Zuschauer der Show von Aaron Turner vor dem Wetter zu schützen. Als das Zirkuszelt schließlich in Europa ankam, wurde aus dem klassischen Zirkus der Wanderzirkus, dem es nun möglich war, mehr Besucher anzulocken.
Allerdings währte diese Blütezeit nicht lange. Sowohl der Erste als auch der Zweite Weltkrieg und die anschließende Weltwirtschaftskrise ließen viele Zirkusse schließen. Als dann auch noch der Fernseher erfunden wurde, hatten es die restlichen Zirkusbetreiber entsprechend schwer. Mit den sinkenden Besucherzahlen blieben Innovationen aus, viele Betreiber konnten wichtige Reparaturen nicht mehr durchführen, Tiere nicht mehr ausreichend versorgen und Gagen nicht mehr bezahlen. Folglich stellten immer mehr Zirkusse ihre Shows ein. Zu einem regelrechten „Zirkussterben“ in Deutschland kam es dann zwischen 1950 und 1970. Interessanterweise konnten die Künstler in diesem Gewerbe in der DDR überleben und waren dort äußerst beliebt.