Wilma Archer: Im Kreis der Liebe
Die Zeit heilt eben nicht alle Wunden – doch Wilma Archer hat aus dieser Erkenntnis ein genreübergreifendes Meisterwerk gemacht.
Will, du hast als Slime bereits das Album „Company“ veröffentlicht, nur in Deutschland ist dein Debütalbum wegen der deutschen Punk-Band Slime unter dem Namen Will Archer herausgekommen. Hast du für „A western Circular“ jetzt den Namen Wilma Archer gewählt, weil es ein Neuanfang ist?
Will Archer: Auf einen Dankesbrief von Slime warte ich ja bis heute. Ich habe mich in Wilma Archer umbenannt, weil viele nicht die Geduld haben, hinter einen Namen wie Slime zu blicken. „Company“ war auch intim, aber das Komponieren war spontaner. Bei „A western Circular“ ist alles sehr durchdacht.
Mit „A western Circular“ verarbeitest du eine sehr schwere Zeit in deinem Leben. Eigentlich wolltest du das Album komplett im Alleingang aufnehmen, doch dann hast du den Prozess geöffnet und viele Gäste integriert.
Archer: Die Instrumentalteile habe ich alleine geschrieben, meine Gäste haben nur an den Gesangsparts mitgewirkt. Ich habe ein paar Texte mit Sudan Archives und Laura Groves geschrieben, und Future-Islands-Sänger Sam Herring habe ich sogar einen Essay über meine Gefühle zu dem Song „The Boon“ geschickt, die er sehr gut verstanden hat. Wie er darauf geantwortet hat und wie sich der weitere Songwriting-Prozess mit ihm gestaltet hat – so etwas habe ich noch nie bei einer Kollaboration erlebt.
Du hast jahrelang an dem Soloalbum gearbeitet und zwischendurch auch noch für Sudan Archives, Nilüfer Yanya und Celeste produziert. War die Arbeit für andere auch eine Form der Flucht, wenn die Arbeit an „A western Circular“ zu heftig wurde?
Archer: Ja, auf jeden Fall. Ohne diese Form der Distanzierung hätte ich nicht die Energie gehabt, mich immer wieder auf die Soloplatte einzulassen. Wahrscheinlich würde ich noch heute an ihr arbeiten.
Musik komponieren, um das Leben zu bewältigen: Hat „A western Circular“ deine Sichtweise geändert?
Archer: Nur insofern, wie jede andere nicht-musikalische Unternehmung sie geändert hätte. Die Arbeit an dem Album hat fünf Jahre gedauert. Jeder verändert sich in einer so langen Zeit, ganz unabhängig davon, wie man sie verbringt.
Interview: Carsten Schrader
A western Circular erscheint am 3. April.