Wolf Alice über „The Clearing“: Voll verspielt

In der Indieszene ist das Quartett aus London schon seit vielen Jahren eine ganz große Nummer. Doch das reicht Wolf Alice jetzt nicht mehr.
Ellie, Theo, eins eurer neuen Lieder heißt „Bread Butter Tea Sugar“. Die Kurzzusammenfassung eures Frühstücks?
Ellie Rowsell: Es ist 8 Uhr morgens. Ich wäre froh, wenn ich überhaupt schon was gegessen hätte. (lacht) Der Song ist für uns Mädels: Es geht darum, dass wir nicht immer bloß an uns herummäkeln, sondern uns auch mal aktiv etwas Unvernünftiges aber Gutes gönnen sollten. Okay, die ganze Nummer ist ein bisschen albern. Einen lustigen Uptempo-Song zu schreiben, der auch noch einen coolen, munteren Text hat, ist praktisch unmöglich. Deswegen habe ich das hier gar nicht erst probiert, sondern singe einfach über das kleine Glück eines Zuckerrauschs.
Ist es grundsätzlich leichter, traurige Lieder zu schreiben?
Rowsell: Ich finde schon. Du hast schlicht viel mehr Wörter, aus denen du auswählen kannst. Die Melancholie ist voller wunderschöner Begriffe und Umschreibungen. Fröhliche Songtexte hingegen kippen ganz schnell ins Alberne.
Ihr kommt aus dem Londoner Stadtteil Seven Sisters, den ihr auf eurem neuen Album „The Clearing“ auch erwähnt. Ist das Viertel so hübsch, wie sein wohlklingender Name suggeriert?
Theo Ellis: Wir wohnen dort schon ewig, zum Teil unser ganzes Leben, und wir fühlen uns sauwohl. Ist einfach eine lässige Ecke, kulturell von den Leuten her sehr durchmischt und für Londoner Verhältnisse mit sehr vielen Grünflächen gesegnet. Außerdem ist auch unser Proberaum dort. Wenn wir nicht touren, müssen wir Seven Sisters gar nicht verlassen.
Und könnt auf „The Sofa“ liegenbleiben. Ellie, ist das Stück eine Ode an deine Couch?
Rowsell: Eher eine Ode ans Gammeln. Hin und wieder gibt es nichts Schöneres, als alleine auf dem Sofa zu liegen, nichts zu müssen und von Zeit zu zeit kurz einzunicken. Eine stark unterschätzte Tätigkeit, zu der wir gerade so gut wie überhaupt nicht kommen.
Für Wolf Alice ist nun so etwas wie Weltherrschaft angesagt. In Großbritannien seid ihr schon eine Nummer-eins-Band mit mehreren wichtigen Auszeichnungen, jetzt aber hat euch ein großes Label unter Vertrag genommen, und für die Produktion von „The Clearing“ seid ihr nach Los Angeles zum berühmten Adele-Produzenten Greg Kurstin gereist.
Ellis: Zehn Jahre nach unserer ersten Platte fühlen wir uns bereit und reif genug, solche Schritte zu gehen, um noch mehr Menschen mit unserer Musik zu erreichen. Wir haben ein gesundes Selbst- und Sendungsbewusstsein, wir haben geile Songs, und wir haben uns – vier Leute in den Dreißigern, die sich einfach mögen und Freunde sind.
Rowsell: Greg war einfach ein sehr lässiger Kerl. Und ein wahnsinnig musikliebender Mensch mit einem Wissen über alle Genres, Epochen und Sounds, das ich so noch bei niemandem erlebt habe.
Eure Single „Bloom Baby Bloom“ ist ein heftiger Popknaller mit Seventies-Einschlag. Überhaupt lassen die neuen Songs an Bands wie Buffalo Springfield, Fleetwood Mac, Steely Dan oder R.E.M. denken. Wie Retro ist „The Clearing“?
Rowsell: Nostalgie schwingt bei uns immer mit. Wir sind eine sehr verspielte Band, allein das Potpourri unserer Instrumente schmiegt sich an die alten Zeiten an. Und ich gebe zu, von so einer leichten Brise der Sehnsucht lassen wir unsere Songs gern umwehen.
Ellis: Doch vergessen wir bei unseren Idolen bitte Stevie Wonder nicht. Seine Melodien wirken oft so kindlich und schlicht, doch gibt es für mich niemanden, der genialere Songs komponiert als er.