Yasmina Reza: Glücklich die Glücklichen
Wenn Yasmina Reza das Miteinander versus das Für-Sich stellt, formuliert sie dies kompromisslos. Die Bedürfnissphären und Gedankenwelten der Handvoll Figuren in „Glücklich die Glücklichen“ sind nicht von Begriffen wie relativ geprägt, Reza konstatiert die Totalität von Gefühlen. Das ist der Realität nur angemessen – und sinnvoller, als mit Begrifflichkeiten wie Liebe, Beziehung, Romantik oder derart zu hantieren, die ohnehin einjeder für sich mit Inhalt füllt.
In Ton, Geschwindigkeit und Textfluss eindrucksvoll zwischen rasant, nüchtern und wehmütig changierend, lässt Reza verschiedene Charaktere zu Wort kommen: Die Eltern eines Jungen, der sich für Céline Dion hält, einen Witwer, eine Schauspielerin, einen Arzt. Kurzum, ein sich geduldig spreizendes, soziales Gefüge mit offenen Rändern, in dem die Affären zu zahlreich sind, um den Überblick zu behalten.
Es entsteht ein Netz, das im literarischen Sinne nicht fertig gewoben wurde, aber doch veranschaulicht – oder zumindest andeutet –, wie individuelle Sehnsüchte und Lüste sich in unterschiedliche Richtungen zerstreuen können und wie selten man ihrer Herr ist. Einjeder ist hier auf der Suche nach dem eigenen Glück – oder zumindest einem Abglanz davon. Und diese Suche ist eine stets dringende, auf der sich gesellschaftliche Konventionen ebenso als Hindernis herausstellen können wie der eigene Partner. Moral ist eine Kontrollinstanz, kein Gefühl. Yasmina Reza weiß das.