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„Ästhetik des Widerstands“ von Alarmsignal: Rettung aus der Not

Bandportrait Alarmsignal
(Foto: Aggressive Punk Produktionen)

Eigentlich proben sie nur fünfmal im Jahr. Wie klingt es, wenn eine Band wie Alarmsignal für das Album „Ästhetik des Widerstands“ plötzlich alle Zeit der Welt hat?

Bulli, Steff, „Ästhetik des Widerstands“ ist anders entstanden als die anderen Alben von Alarmsignal.

Stefan „Bulli“ Buhlrich: Sonst haben wir immer zwischen Konzerten geprobt, und dabei sind dann Songs entstanden. Wenn wir die 20 voll hatten, sind wir ins Studio gegangen. Dieses Mal wussten wir im Voraus, dass wir ein Album machen wollten, und haben ganz strukturiert und zielgerichtet daran gearbeitet.

Stefan „Steff“ Prill: Wir haben auch eine Problematik, die viele Bands gar nicht kennen: Wir wohnen alle in verschiedenen Städten. Proben sind deshalb bei uns eine absolute Seltenheit – sonst höchstens fünf- oder sechsmal im Jahr. Jetzt hatten wir die Zeit, den kompletten Fokus aufs Album zu legen.

Wie hat dieser Ansatz von „Ästhetik“ den Sound von Alarmsignal verändert?

Buhlrich: Unsere Songs waren schon immer nachdenklich, aber das Album klingt besonders nachdenklich und persönlich. Ich finde, es ist sehr erwachsen geworden.

Prill: Der rote Faden ist bei all unseren Platten das, was uns gerade bewegt. Wir sind immer sehr aufnahmefähig, was gerade passiert – in unserem Umfeld und auf der Welt.

Ein Beispiel für einen politischen Song ist „Bring dich in Sicherheit“, auf dem Dariush Beigui mitsingt, der Kapitän des Schiffs Iuventa, das in Italien wegen seiner Seenotrettungsaktionen beschlagnahmt wurde.

Prill: An der Thematik waren wir immer sehr dicht dran, weil wir Dariush und andere Leute kennen, die Seenotrettung betreiben. Wir erfahren also aus erster Hand von den Einzelschicksalen, sind aber nie selbst dabei. Deshalb war es gar nicht so einfach, einen Text aus der Sicht der direkt Betroffenen zu schreiben. Das Stück war eines der ersten, das wir für die Platte gemacht haben, und von Anfang an war für uns klar, dass nur Dariush als Gastsänger in Frage kommt.

Buhlrich: Es ist ein brisantes Thema, ich habe es nicht geschafft, es in Worte zu fassen. Steff hat es hinbekommen, und Dariush hat den Text abgesegnet. Eigentlich war der Song nicht als Single gedacht, aber wir haben ihn spontan veröffentlicht, als die Verfahren gegen die Besatzung der Iuventa wieder neu aufgerollt wurden. Mit den Einnahmen wollen wir die Angeklagten unterstützen, denen bis zu 20 Jahre Gefängnis droht.

Am anderen Ende des Spektrums gibt es den Song „Hoffnung“, in dem du, Bulli, sehr offen über deine psychische Gesundheit sprichst.

Buhlrich: Wie wahrscheinlich unschwer zu erkennen ist, geht es in dem Lied um Depression. Es ist ein persönlicher Text, aber die Krankheit betrifft ja viele Menschen. Musik ist, besonders während der Lockdowns, mein Weg gewesen, um nicht durchzudrehen. (lacht) Ich habe lange überlegt, ob ich den Text so veröffentlichen will, habe mich dann aber dafür entschieden, weil es ja eigentlich ein positives Lied ist. Wir kriegen auch die Rückmeldung, dass sich viele Hörer:innen angesprochen fühlen.

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