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Algiers: En passant zum Meisterwerk

Algiers: En passant zum Meisterwerk
(Foto: Christian Högstedt)

Mit der Kombi aus Gospel, Soul und Postpunk haben sie einen ganz und gar eigenen Sound etabliert. Doch was auf dem dritten, neuen Album passiert ist, können Algiers selbst noch nicht fassen.

Franklin James Fisher ist die persönlichen Schwachstellen angegangen. „Als wir die letzte Platte aufgenommen haben, hat mich unser Produzent immer wieder in ein stilles Kämmerlein geschickt, damit ich meine Texte fertigstelle“, erinnert sich der Algiers-Sänger, und noch immer merkt man ihm an, wie sehr ihn dieses Arbeiten unter Zeitdruck angenervt hat. „Um zu Texten zu kommen, die tiefer gehen und mir wirklich etwas bedeuten, habe ich mich diesmal ein ganzes Jahr lang nur auf das Schreiben konzentriert.“

Herausgekommen ist das epische Gedicht „Misophonia“, aus dem er alle Texte für das dritte Album „There is no Year“ destilliert hat. „Anfangs wusste ich vor lauter Momentaufnahmen selbst nicht, woran ich da gerade schreibe. Aber es hat sich zusammenfügt, und jetzt bin ich auch viel zufriedener als bei den früheren Alben“, sagt Fisher – und betreibt damit wahnsinniges Understatement. Findet auch Bandkollege Lee Tesche: „Wir waren komplett weggeschossen, wie es James mit seinem Texten gelingt, politische und sehr persönliche Assoziationen zu verzahnen und trotz all der Verzweiflung auch immer wieder Kraft zum Widerstand und hoffnungsvolle Untertöne anzubieten“, schwärmt der Bassist und Elektroniktüftler.

Produzenten von Sunn O))) produzierten die neuen Songs von Algiers

Vermutlich waren es auch Fishers Lyrics, die sie auf musikalischer Ebene angespornt haben, das bisher in sich geschlossenste Algiers-Album vorzulegen. Aufgenommen wurden die neuen Songs in New York mit dem Sunn O)))-Produzenten Randall Dunn und Ben Greenberg (Uniform), deren angestammter Industrial-Unterbau spannende Kontraste zu Algiers’ großer Melodiendichte bildet. „Chakra“ bringt kalten 80er-Wave mit R’n’B-Soul und einem wahnwitzigen Saxofon zusammen, für „Hour of the Furnaces“ lassen sie eine dräuende Klaviermelodie gegen wummernde Synthsounds antreten, und bei „Repeating Night“ ist es dann doch wieder eine schmutzige Postpunkgitarre, die sich aus den Beats erhebt und um Fishers eingängigen Gesang legt.

„Die sechs Studiowochen mit Randall und Ben waren eine extrem intensive Erfahrung, bei der sich alle bisherigen Zuordnungen innerhalb der Band aufgelöst haben“, berichtet ein immer noch geplätteter Tesche. „Vermutlich werde ich erst bei den Konzerten so richtig durchdringen, was wir da eigentlich gemacht haben“, sagt er mit einem Schulterzucken. Geben wir ihm diese Zeit, um zu realisieren, dass Algiers mal eben ihr Meisterwerk vorgelegt haben.

Carsten Schrader

„There is no Year“ erscheint am 17. Januar.

LIVE

14. 2. Köln

15. 2. Schorndorf

17. 2. Frankfurt

18. 2. Dresden

24. 2. München

21. 4. Hamburg

27. 4. Berlin

Tickets gibt es bei Eventim.

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