So ist das Leben
Vor dreizehn Jahren wurde Amy Macdonald über Nacht zum Star. An die Schattenseiten des Ruhms hat sie sich inzwischen gewöhnt.
Amy, das Lied „Fire“ auf deinem neuen Album bezeichnest du als das einzige Liebeslied, das du je schreiben wirst. Woher diese Abneigung gegen alles Romantische?
Amy Macdonald: Ich habe nicht direkt eine Abneigung, es ist nur einfach kein Thema, über das ich je wirklich geschrieben habe. Ich war nie sonderlich offen, was meine romantischen Gefühle angeht – so bin ich einfach nicht. Aber diesen Song habe ich geschrieben, als ich gerade geheiratet hatte. Es ging mir richtig gut, und ich war sehr glücklich. Das hat sich ganz von allein ergeben.
Durchaus ungewöhnlich, denn die meisten Musiker*innen schreiben vor allem Liebeslieder …
Macdonald: Ja, und es ist so langweilig! Zu viele langweilige Liebeslieder. (lacht)
Schlägt sich diese Meinung auch in deinen Hörangewohnheiten nieder?
Macdonald: Persönlich mag ich am liebsten Musik, die ein bisschen peppiger ist und sich mir einprägt. In letzter Zeit wurden so viele traurige Soullieder veröffentlicht, und die finde ich einfach nicht so inspirierend. Ich finde es besser, wenn Musik eine Geschichte erzählt. Das versuche ich auch, mit meinen Songs zu erreichen.
Eine der Geschichten, die du auf dem Album erzählst, handelt von deinen Eltern.
Macdonald: Der Song „The Hudson“ ist teilweise von einer Geschichte meines Vaters inspiriert. Er hat mir von der Zeit erzählt, als meine Eltern jung waren und zum ersten Mal in den Urlaub gefahren sind. Sie hatten nichts gebucht, sind einfach zum Flughafen und haben ein Flugzeug nach New York genommen. Damals war die Stadt keine Touristenattraktion (lacht), es war sehr gefährlich und absolut kein Ort, an den man gern gereist ist. Aber sie haben es trotzdem getan. Ihr Hotelzimmer hatte drei massive Riegel an der Tür, zum Schutz. Das hat mich zum Nachdenken über das Leben und das Erinnern gebracht. Wir machen das ja alle: Wir schauen zurück und fragen uns, wie unser Leben anders verlaufen wäre, wenn wir andere Entscheidungen getroffen hätten. Aber obwohl wir damit so viel Zeit zubringen, bekommen wir keine Antworten. Das finde ich interessant.
Du warst noch sehr jung, als dein Debüt „This is the Life“ plötzlich riesige Erfolge gefeiert hat. Wie denkst du heute daran zurück?
Macdonald: Ich glaube, es war Segen und Fluch zugleich. Natürlich war es großartig, und das Album hat nicht nur mein Leben, sondern auch das meiner Familie und meiner Freunde völlig verändert. Aber es ist insofern schwierig, weil so etwas normalerweise eben nicht passiert. Damals habe ich einfach meine Songs rausgebracht und bang! Ich dachte: So läuft das also. Heute weiß ich, dass man in der Regel unglaublich viel Zeit und Aufwand investieren muss, um diese Art von Erfolg zu haben. Außerdem ist es nicht leicht, wenn alle plötzlich eine Meinung über dich haben.
Hast du viel Negativität erfahren müssen?
Macdonald: Oh ja. Vor allem, als ich jünger war, gab es viele Kommentare über mein Aussehen, mein Gewicht, meine Stimme. Leute haben gesagt, ich klänge wie ein Mann. Das war zu Beginn meiner Karriere besonder schwierig, als ich noch so jung war – eine Teenagerin, die plötzlich im Rampenlicht stand. Diese Kommentare gibt es auch noch bis heute, die hören nie ganz auf. Man lernt einfach, besser damit umzugehen.
Mit dem neuen Album willst du den Leuten zeigen, dass sie nicht allein sind – auch, wenn sie Probleme haben.
Macdonald: Musik kann auf jeden Fall ein wunderbarer Rettungsort sein und dein Leben verändern. Ich glaube zwar nicht, dass Musik alle Probleme löst, aber sie kann in schweren Zeiten eine Begleiterin sein. Wir machen uns selbst so viel Druck, haben das Gefühl, immer hundert Prozent geben und immer glücklich sein zu müssen. Dabei wissen alle, dass das Leben so nicht läuft: Es gibt Höhen und Tiefen, auf großartige Momente folgen schwere Rückschläge. Ich glaube, wenn wir uns das ein wenig bewusster machen würden, wäre es für alle besser. Nicht alles ist immer rosig – und das ist okay so.