„Annika – Mord an Schottlands Küste“: Jagd auf Moby-Dick
Die Serie „Annika – Mord an Schottlands Küste“ im ZDF und in der ZDF-Mediathek zeigt mit Annika Strandhed eine Chefermittlerin und alleinerziehende Mutter im doppelten Einsatz.
Die Serie „Annika – Mord an Schottlands Küste“ wird ab heute immer Sonntagabend in Doppelfolgen im ZDF ausgestrahlt. Wer sich die Krimiserie in der ZDF-Mediathek anschauen will, hat nicht so viel Zeit: Bis Ende Februar kann sie dort gestreamt werden.
Als Detective Inspector Annika Strandhed (Nicola Walker, „The Split – Besziehungsstatus ungeklärt“, „Spooks – Im Visier des MI5“) ihren Dienst als Chefin einer neuen Einheit der Mordkommission der Marine in Glasgow antritt, hat sie nicht viel Zeit, sich vorzustellen und sich ihren Untergebenen bekannt zu machen. Anstatt Cupcakes mitzubringen, holt sie ein paar offene Lakritzteilchen aus der Jackentasche und wirft sie auf den Tisch, die dann keiner anrührt. Annika Strandhed hatte sich für einen Kurztrip nach Madrid entschieden, anstatt das obligatorische Frührungskräfteseminar wahrzunehmen, was sie der Kamera auch offen erzählt, denn: Annika durchbricht sehr oft die vierte Wand und spricht zu uns. Hinzu kommt: Immer bettet sie eine Folge und damit einen Fall literarisch ein. In der ersten Folge ist das Herman Melvilles „Moby-Dick“ (kein Wunder, es gilt einen Harpunenmord aufzuklären), in Folge zwei ist es eine skandinavische Sage. Den ersten Mordfall kommentiert sie so: „Ich glaube, dass der Tod durch eine Harpune zeigt, dass jemand versucht, seinen Standpunkt deutlich zu machen.“ Zu ihrer Rolle als alleinerziehende Mutter, die ihre pubertierende Tochter Morgan (Silvie Furneaux) mal mit dem Handy trackt, mal berufsbedingt vernachlässigt, hat sie auch ein Statement parat: „Morgans Vater ist nicht involviert. Das habe ich so entschieden. Ich hätte Hilfe brauchen können, als sie ein Baby war. Mir war nicht klar, das es auch mit 15 noch praktische wäre, einfach – keine Ahnung – jemanden zu haben, der mir einen Platz im Schultheater freihält. Oder mir sagt, wo sie – verflucht – nochmal ist. Ihr wisst schon, was ich meine. Oder?“ Morgen aber kontert ihre Mutter immer wieder aus: „Wieso bringst du niemanden nach Hause? Du weißt schon: Männer.“ „Annika – Mord an Schottlands Küste“ ist eine der BBC-Krimiserien, die eine horziontal erzählte Geschichte präsentieren, während die Kriminalfälle am Ende einer jeden Folge abgeschlossen sind. Das muss nicht immer gut sein, im Gegenteil, aber in dieser Serie funktioniert er, weil die Charaktere glaubwürdig gespielt werden, die Dialoge gut geschrieben sind und das Drehbuch immer wieder auch voller komischer Momente ist. Die Belastung einer alleinerziehenden Mutter in Führungsposition wird nebenbei und dennoch wirklichkeitsnah geschildert von der völlig missglückten Schultheateraufführung von Shakespeares „Der Sturm“ bis hin zum Konkurrenzkampf in der Mordkommission, wo sich ein männlicher Kollege auf die gleiche Position beworben hatte und Annika Strandhed im Bewerbungsverfahren unterlag.
Das Team der „Marine Homicide Unit“ in Glasgow besteht aus (v.l.n.r.) Tyrone Clarke (Ukweli Roach, „Humans“), Blair Ferguson (Katie Leung, („Peripherie“), Annika Strandhed (Nicola Walker) und Michael McAndrews (Jamie Sives, („Guilt – Keiner ist schuld“).