Apocalypse soon: DIIV über „Frog in boiling Water“
Mit ihrem vierten Album begleiten DIIV die graduelle Zerstörung unserer Welt. Auch die Band hat die Aufnahmen nur knapp überlebt.
Ben, Cole, Colin, bei „Frog in boiling Water“ denke ich sofort an die Metapher von dem Frosch, der nicht merkt, wie das Wasser um ihn herum zu kochen anfängt. Wer ist in eurem Szenario der Frosch?
Ben Newman: Es geht auf jeden Fall auch ums Klima, aber eigentlich um alles zugleich. Jeder Song auf dem Album handelt von einem anderen Thema. Cole hat sich an die Sache mit dem Frosch aus einem Buch erinnert, das er vor langer Zeit gelesen hat, und die Idee mitgebracht, als das Album schon fertig war. Er hat den Titel vorgeschlagen, und uns war sofort klar, dass er alles zusammenfasst.
Zachary Cole Smith: Der banale Abstieg in die Dystopie, der so langsam und alltäglich ist, dass du nicht merkst, wie schlimm es wirklich ist.
Lässt sich die Metapher auch auf euch als Band übertragen? Ihr hattet ja einige Probleme mit der Produktion des Albums …
Smith: Wenn man die Metapher so weit treiben will, war der Tag, an dem wir uns als Band ausgesprochen haben, sozusagen das Rausspringen aus dem Topf.
Colin Caulfield: Das mit dem banalen Abgleiten ins Dystopische gilt auch für Beziehungen: Oft werden die Dinge schlimm, bevor man überhaupt erkennt, was passiert. Es ist schwer, ein destruktives System zu konfrontieren, während du gleichzeitig mit deinen persönlichen Bedürfnissen beschäftigt bist. In einer Gruppe ist es dasselbe, weil es immer einen Grund gibt, das Gespräch aufzuschieben: Ich muss nach Hause, was erledigen, wir müssen das Album beenden …
Ihr habt ganze vier Jahre daran gearbeitet und hattet mehrere Fehlstarts.
Smith: Da treffen sich die beiden Ebenen. Die materiellen Bedingungen für Musiker:innen waren noch nie so schlecht wie jetzt. Wenn wir das Album besser machen wollen, müssen wir auch länger ohne Geld auskommen. Das verstärkt natürlich die Spannungen in der Band, weil es nicht mehr nur um unsere Kreativität oder Freundschaft geht – es geht um unser Leben und das unserer Familien.
Ursprünglich sollte das Album wesentlich elektronischer klingen, jetzt stehen doch wieder Gitarren im Mittelpunkt. Hat das auch mit der durchgestandenen Krise zu tun?
Caulfield: Wenn du genau hinhörst, fallen dir noch Sprengsel aus dem Computer auf. Hast du mal was über das Making-of von „Apocalypse now“ gelesen? Coppola hatte eine genau durchgeplante Vision für den Film. Doch der Dreh hat sich ewig gezogen, und das Drehbuch hat sich immer mehr verändert. Ab einem bestimmten Punkt schaffst du nicht wirklich mehr den Film, sondern reagierst nur noch darauf, was der Film will. So war es bei uns auch: ein Abenteuer.