Arno Geiger: Unter der Drachenwand
Mit seinem Meisterwerk reißt Arno Geiger die Grenze zwischen Fiktion und historischer Quellenarbeit ein.
Arno Geiger legt sein Meisterwerk vor: Im Jahr 1944 kehrt der 24-jährige Wehrmachtssoldat Veit Kolbe von der Front zurück, um in dem Dorf Mondsee seine Verletzungen auszukurieren. Geiger lässt seinen von Angststörungen geplagten Protagonisten Tagebuch schreiben: Mit ungelenken Worten, aber auch mit großer Sensibilität beobachtet er die Schrecken des längst verlorenen Kriegs, er erzählt von seiner ersten Liebe und berichtet von den Bemühungen, nicht an die Front zurück zu müssen. Geiger arbeitet Briefe verschiedener Figuren in die Tagebuchaufzeichnungen ein, etwa die des jüdischen Familienvaters Oskar Meyer, dem anders als Kolbe das Exil und die Hoffnung verwehrt sind. Am Ende führt der 49-jährige Österreicher nicht nur die verschiedenen Handlungsstränge zusammen und hat mit dem im Roman immer wieder verwendeten Schrägstrich ein typografisches Element etabliert, das dem Leser als Verschnaufpause dient. Ohne Effekthuberei gelingt es ihm mit diesem spektakulären Antikriegsroman auch, die Grenze zwischen Fiktion und historischer Quellenarbeit einzureißen. cs
Arno Geiger Unter der Drachenwand
Hanser, 2018, 480 S., 26 Euro