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Azure Ray

Auf ihrem aktuellen Album „Hold on Love“ verzaubern Azure Ray mit melancholisch-sphärischen Pop-Songs. Im Gespräch mit citymag verrieten Orenda Fink und Maria Taylor, dass sie trotzdem alles andere als Trauerklöße sind.

citymag: Seit knapp zwei Jahren lebt ihr in Omaha, Nebraska, veröffentlicht eure Platten dort beim angesatesten Alternative-Label Saddle Creek und seid mit Bands wie Bright Eyes, The Faint und Cursive befreundet. Ist Omaha das neue Seattle?

Orenda Fink: Oh, nein, es gibt auch verdammt viele Versicherungsvertreter in Omaha. Ich glaube, wir kennen alle Musiker, die in dieser Stadt leben. Wir sind alle miteinander befreundet und helfen uns gegenseitig. Du musst eben auch selbst kreativ sein, einfach, weil du längst nicht die Möglichkeiten einer Großstadt mit unzähligen Clubs, Bars oder Kinos hast. Omaha kann manchmal auch sehr klaustrophobisch sein. Mit Seattle kann man das nicht vergleichen.

Maria Taylor: Wir kommen ja eigentlich aus dem Süden. Athens ist eine College-Stadt mit einer großen Kunstszene. Viele unserer Freunde leben noch immer dort, und wir vermissen sie manchmal schon sehr. Trotzdem bereuen wir es natürlich nicht, nach Omaha gegangen zu sein.

citymag: Es war Bright-Eyes-Sänger Conor Oberst, der euch nach Omaha geholt hat, oder?

Taylor: Genau, Conor ist schon seit vielen Jahren mit einem unserer engsten Vertrauten befreundet. Als wir gerade unser erstes Album aufnahmen, hat Conor ihn in Athens besucht. Schon bevor die Platte überhaupt fertig war, spielte Conor seine Kopie allen in Omaha vor.

citymag: Ähnlich wie bei Bright Eyes zeichnet sich eure Musik durch eine melancholische Grundstimmung und sehr intime Texte aus. Ist es nicht gerade bei Konzerten manchmal unangenehm, so viel Innenleben preiszugeben?

Fink: Darüber machen wir uns eigentlich keine Gedanken. Obwohl es manchmal schon komisch ist, dass einige Leute denken, nur weil wir traurige Musik machen, spazieren wir den ganzen Tag traurig durch den Regen und gehen dann früh ins Bett. Wenn sie hören, dass wir gerne ausgehen und Partys feiern, machen sie ganz erstaunte Gesichter.

Taylor: Musik ist für uns ja gerade ein Mittel, um depressive Stimmungen oder traurige Momente zu verarbeiten.

citymag: Wie stellt ihr euch denn das ideale Azure-Ray-Konzert vor?

Taylor: Ich würde mir vielleicht 1000 Besucher wünschen, die alle ganz ruhig sind und intensiv der Musik zuhören. Wenn wir dann fertig sind, sollten sie aber natürlich ganz laut klatschen.

Fink: Stimmt, unsere Auftritte sind wirklich besser, wenn die Leute ruhig sind. Unterhaltungen stören die Atmosphäre des Konzerts sehr. Wir machen sehr ruhige Musik, und da ist es eh schon schwer, Kontrolle über den Raum zu bekommen.

citymag: Als Vorband der US-Tour von Moby habt ihr ja schon verdammt große Hallen kennen gelernt. Das war aber bestimmt alles andere als ideal, oder?

Fink: Zu den Shows kamen zwischen 3000 und 4000 Leute, die nicht unbedingt unser typisches Publikum sind. Die Hallen waren tatsächlich zu groß, es war nicht leicht für uns, eine Verbindung zum Publikum herzustellen. Aber die Leute waren immerhin sehr respektvoll. Sie haben uns nicht von der Bühne gebrüllt und nach Moby verlangt.

citymag: Noch immer ist das Musikbusiness von Männern dominiert. Frauen werden als Musikerinnen häufig nicht ernst genommen und auf Sexsymbole reduziert. Habt ihr damit negative Erfahrungen gemacht?

Fink: Niemand, der uns wichtig ist, würde eine Unterscheidung nach dem Geschlecht machen. Vielleicht ist es auch eine Frage des Selbstvertrauens. Wenn die Leute merken, dass du dir selbst etwas zutraust, verschonen sie dich auch mit so einem Schwachsinn. Wahrscheinlich war es unser Glück, dass wir nie Probleme mit unserem Selbstbewusstsein hatten.

Taylor: Obwohl uns vor einigen Tagen in Schweden schon so eine Sache passiert ist. Da haben wir mit Crooked Fingers, der Band unseres Produzenten Eric Bachmann, gespielt. Bei Crooked Finger übernehmen wir unterschiedliche Instrumente und pausieren auch bei einigen Songs. Also haben wir am Bühnenrand gesessen. Plötzlich kam ein Typ von der Security und zog an unseren Beinen. Wir haben lautstark protestiert und gesagt, dass wir zur Band gehören. Der dachte wohl, wir sind Groupies, die auf der Bühne rumhängen.

Interview: Carsten Schrader

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