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Kleider machen Leute: „Beyond Fashion“ von ARD Kultur

„Beyond Fashion“-Hostin Avi Jakobs und Musikerin Jennifer Weist.
„Beyond Fashion“-Hostin Avi Jakobs und Musikerin Jennifer Weist. (Foto: MDR/ARD Kultur/Weiya Yeung)

Vom Fetischklub bis ins Straßenrap-Video: Subkultur und Mode gehören zusammen und konstituieren Identitäten stärker denn je. Doch wie frei macht Mode wirklich?

Das längst zum geflügelten Wort gewordene und oft Karl Lagerfeld zugeschriebene Zitat „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“, wird bereits seit Jahren von der Haute Couture sowie der Streetwear herausgefordert. Stretch und Komfort sind keine Ausschlusskriterien mehr in der Modewelt, und der Trainingsanzug hat sich längst zum Fashion-Statement aufgeschwungen. Verantwortlich für diese Paradigmenwechsel sind vor allem vorherrschende Sub- und Musikkulturen. Allen voran HipHop, wie die neue ARD-Dokuserie „Beyond Fashion“ (ab sofort in der ARD-Mediathek) ganz wunderbar sachlich zu beschreiben weiß.

„Kleidung ist die Fortsetzung von dem Körper und dem Geist“, heißt es gleich zu Beginn der Mini-Serie. Das klingt zunächst ein wenig drüber, doch schafft es der Vierteiler, diesen Satz recht schnell mit Inhalt zu füllen. Das ist vor allem der angenehmen Hostin Avi Jakob, bekannt als Stylistin und Make-Up-Artistin aus der Netflix-Serie „Queer Eye Germany“, geschuldet, die mit einer gelassenen Begeisterung durch die Folgen führt und mit Expert:innen, Modeschöpfer:innen, Musiker:innen, Models und Fotograf:innen ins Gespräch kommt und ihnen über die Schulter schaut. Hierbei wird nicht bloßen Trends nachgespürt, vielmehr ist Jakob auf der Suche nach den gesellschaftlichen Codes hinter der Mode, wie bereits die Folgentitel („Wie viel Macht hat Rap in der Mode?“, „Subkultur oder schon Mainstream?“, „Wie frei macht Mode?“, „Wie beeinflusst Mode Mental Health?“) verraten.

Influencerin Beyza Asan versteht ihr Kopftuch als emanzipatorisches Modestück. Foto: MDR/ARD Kultur/Weiya Yeung

„Beyond Fashion“ befasst sich mit dem emanzipatorischen Potenzial der Mode, mit der Funktion von Distinktion und Anpassung, mit Kleidung als Modifikation der eigenen Identität und als Spiel mit gesellschaftlichen Tabus. Von Berliner Streetwear-Brands wie Ravani bis zur Fetischmode und zurück zu Vivienne Westwood und dem Beginn des Punk. „Mode spielt eine sehr große Rolle im HipHop, aber ich würde eher sagen: HipHop spielt eine viel größere Rolle in der Mode heutzutage“, meint Ravani-CEO Momo Maserati und bringt damit die Wechselwirkung zwischen High-Fashion und Subkultur trocken auf den Punkt.

Momo Maserati (CEO von „Ravani“) Foto: MDR/ARD Kultur/Weiya Yeung

Ein großer Pluspunkt der Serie ist die zuhörende Position, in die sie sich begibt. Ohne große Vor- oder Nachkommentierung wird den Akteur:innen Zeit gelassen, ihre Perspektiven auszubreiten, was dann zu entwaffnend ehrlichen wie sympathisch unprätentiösen Aussagen des Rappers Celo führt, der meint: „Es geht um Posen am Ende des Tages. Hier guck mal: Ich bin ich der Motherfucker, ich trag’ schöne frische Sachen.“ Und dass der gesamte Look-and-Feel der Doku sehr stilsicher daherkommt, ist für eine ARD-Produktion zwar ungewöhnlich, aber für eine Serie über Fashion nicht ganz unwichtig.

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