Natürlich nostalgisch
Gemeinsam mit ihrem Mann Ritchie Blackmore musiziert Candice Night als Blackmore’s Night im Stil der Renaissance. Die Moderne mag sie trotzdem lieber.
Candice, das neue Album „Nature’s Light“ soll der Natur Tribut zollen. Was bedeutet die Natur für dich?
Candice Night: Ich glaube, wegen der Pandemie kehren mehr und mehr Leute zur Natur zurück. Wir haben uns schon immer an die Magie der Natur gewandt, um unsere Lebensgeister wieder aufzuladen. Indem wir einen Waldspaziergang gemacht haben, konnten wir dem Alltagsstress entfliehen. Ein Sonnenuntergang, eine Sternennacht, das Gefühl von Wind in den Haaren, der Klang der Meereswellen – das alles konnte unendlich inspirierend sein. Aber seit so viele Menschen zuhause festsitzen und sich ihre Leben drastisch verändert haben, brauchen sie diese Waldspaziergänge, um bei Verstand zu bleiben. Sie werden immer introspektiver, die Natur heilt einmal mehr ihre Seelen. Es ist eine der wenigen Sicherheiten, auf die wir uns dieser Tage verlassen können.
Warum hat euch gerade die Renaissance-Musik inspiriert? Hatten die Leute früher eine bessere Beziehung zur Natur?
Night: Es ist eine der besten Seiten, in der heutigen Zeit zu leben: Wir können die Früchte der Vergangenheit ernten und entscheiden, was davon in unser heutiges Leben passt. Ich liebe die Bilder von Jungfrauen, die dem davonreitenden Ritter zum Abschied mit ihrem Taschentuch zuwinken, während Lagerfeuer die Silhouetten der Hügel zieren … Aber das ist nicht die Realität dieser Zeit. Trotzdem ist es meine Wahrnehmung, und ich ziehe meine Inspiration eben aus einer Fantasie über diese Ära. Ich glaube, Menschen aller Perioden haben eine gesunde Beziehung zur Natur. Anderen wiederum fehlt diese Beziehung – es kommt auf die Individuen an. So ist es bis heute. Allerdings würden wir ohne die Natur alle sterben. Wir hätten keine Luft zum Atmen, kein Wasser. Die logische Entscheidung ist also, sie zu schützen und zu respektieren.
Eure Musik ist nostalgisch, aber ihr wollt trotzdem eine moderne Band sein. Wie geht das zusammen?
Night: Wir bedienen uns gern bei Liedern, die vor Hunderten von Jahren geschrieben wurden. Den Geist dieser Originale versuchen wir zu erhalten, indem wir Instrumente aus der damaligen Zeit in die Songs einbauen, die wir aus diesen Melodien machen. Also spielen wir etwa Schalmei, Rauschpfeife, Krummhorn oder Gemshorn, fügen aber auch moderne Instrumente, neue Arrangements und neue Texte hinzu. Auf diese Weise bekommen die alten Lieder neues Leben eingehaucht, und hoffentlich können sich Leute aus unserer Zeit in den Songs und Geschichten wiederfinden.
Als Frontfrau einer Rockband: Rock ist traditionell ein sehr männliches Genre. Ist das in letzter Zeit besser geworden – und was können wir machen, damit es noch besser wird?
Night: Es hat schon immer Frauen gegeben, die in die männerdominierte Rockwelt vorgedrungen sind. Janis Joplin, Stevie Nicks, Tina Turner … Viele haben es geschafft, die Mauern einzureißen. Auch in anderen Genres, wenn man etwa an Dusty Springfield, Dolly Parton, Cher oder Ronnie Spector denkt. Das mag nicht Rock gewesen sein, aber in der Industrie hat jede dieser Frau ihre Spuren hinterlassen und war eine unabdingbare Wegbereiterin für die Frauen, die ihr nachgefolgt sind. Schwestern, Mütter, Großmütter: Wir sind alle verbunden, und der Kreis beginnt von neuem. Jede Frau macht es ein wenig leichter für die nächste Generation.
Nature’s Light ist gerade erschienen.