Glaube, Liebe, Hoffnung: Boeckner über „Boeckner!“
Wenn Wolf-Parade-Sänger Daniel Boeckner nach unzähligen Nebenprojekten nun auch ein Solodebüt veröffentlicht, steht vermutlich sehr viel auf dem Spiel.
Dan, nach 25 Jahren in unfassbar vielen Bands und Projekten veröffentlichst du jetzt ein Solodebüt unter deinem eigenen Namen. War das von Anfang an so geplant?
Daniel Boeckner: Irgendwie schon. An der Highschool waren alle meine Freunde in der Hardcore- und Punkszene verwurzelt. Ich habe in einer Postpunkband gespielt, und wir haben Unwound und Riot-Grrrl-Bands wie Sleater-Kinney und Bikini Kill gehört. Zuhause habe ich heimlich aber auch Tapes mit Akustikgitarre und sogar Synthpopsongs aufgenommen. In all den Jahren habe ich durch die vielen Kollaborationen gelernt, um meinen eigenen Sound weiterentwickeln zu können. Vielleicht war es sogar ein Verstecken, bis ich mich zum Alleingang bereit gefühlt habe. Wobei es jetzt Jonathan Poneman von meinem Label Sub Pop gewesen ist, der protestiert hat, als ich mir wieder einen neuen Projektnamen überlegen wollte. Er meinte: Sei stolz auf diese Stücke, und schreib’ deinen eigenen Namen drauf!
Es sind extrem persönliche Songs, auch wenn man auf „Boeckner!“ zunächst in eine apokalyptische Science-Fiction-Szenerie geworfen wird.
Boeckner: Neben den frühen Wolf-Parade-Sachen sind es die intimsten Songs, die ich bislang veröffentlicht habe. Musikalisch bringe ich meine Vorliebe für Industrial, Synthpop und Kraut mit dem angestammten Indiesound zusammen. Und inhaltlich ist es zwar nicht mehr so wie ganz am Anfang mit Wolf Parade, als ich noch nicht zum fiktionalen Erzählen übergewechselt war und wirklich eins zu eins getextet habe. Aber wenn ich jetzt fiktionale Texte schreibe, sind die ganz nah bei mir.
So düster das Album ist, hat es auch optimistische Elemente, vor allem durch die Melodien und deine Stimme. Gehört es zur Hoffnung, dass man sich selbst belügt?
Boeckner: Vielleicht muss man zumindest ein gewisses Wissen ausblenden. (lacht) Im Lockdown habe ich gedacht, die Grausamkeit hätte ihren Peak erreicht, doch dann hat sich in der Zeit danach herausgestellt, dass unsere Regierung durch die Pandemie gelernt hast, dass selbst die größte Verantwortungslosigkeit ohne Konsequenzen bleibt. Ich habe mich wieder aufgerichtet, indem ich mich eine Zeit lang nur auf meine Freunde, die Familie und meine nähere Umgebung fokussiert habe. Erst danach konnte ich wieder auf die größeren politischen Zusammenhänge blicken, ohne komplett zu verzweifeln.