Bora Cosic: Die Tutoren
„Die Tutoren“ von Bora Cosic ist viel zu viel und eben genug.
„Die rigide Diktion von Verordnungen, Erlassen und Gesetzen widerspricht im Kern den Geist der Sprache, nicht anders als der Einzelne, der statt des Dativs den Akkusativ benutzt“, schreibt Bora Cosic im Nachwort seines jüngsten Romans „Die Tutoren“, einem Werk, das exakt eines will: viel zu viel und eben genug. Aus fünf Generationsfragmenten, rangierend von 1828 bis 1977, collagiert der gebürtige Kroate einen Kosmos, der mal Wimmelbild, mal Theaterbühne, mal fiktives Zeitdokument zu sein scheint und zur Leinwand seiner formal höchst verspielten Kritik wird. Wie sich herrschende Umstände in Sprache übersetzen und eben die Sprache, jenes lebendigste und kreativste aller Werkzeuge, zum schieren Konservierungsinstrument von Machtstrukturen gerinnt, zeigt Cosic etwa anhand eines 124-seitigen Laienglossars (dem ersten der fünf Teile), dann wiederum nimmt er die Vogelperspektive ein, arbeitet dialogisch, kurzformatig. „Die Tutoren“ ist Bildungs-, Familien- und Historienroman und doch nichts davon, es ist flammendes Plädoyer für Mündigkeit qua Sprache für Literatur, die noch etwas will. Es ist viel zu viel und eben genug.