Auf Leben und Tod: „Five Dice, all Threes“ von Bright Eyes
Die Sorgen um Conor Oberst reißen nicht ab. Doch auf dem zehnten Album seiner Band Bright Eyes stirbt gottlob nur ein Tech-Milliardär.
Mehr 2024 geht eigentlich nicht, und womöglich ist es diese Zeile, die unser Leben in der Gegenwart auf den Punkt bringt: „I’d like to ask you the time that I have left“, singt Conor Oberst im Verbund mit National-Frontmann Matt Berninger. Vielleicht stellt man sich diese beiden nun ja doch schon mittelalten Indiehelden gemeinsam in der Badewanne vor, wie bei Loriot, und dann gelingt auch noch ein Grinsen, während ganz eigentlich die Tränen fließen. Das mittlerweile zehnte Album von Obersts Bandprojekt Bright Eyes kehrt nach dem orchestralen Schnickschnack von vor vier Jahren zu den eigenen Wurzeln zurück, verhandelt rumpelig und chaotisch die Depression des Protagonisten und hadert mit der Welt.
Nicht zufällig eröffnet Oberst „Five Dice, all Threes“ nach dem Intro mit „Bells and Whistles“ und der Textzeile „I was cruel like a president“. Und erneut ist es ein Duett, das dann eben auch eine schmale Hoffnung etabliert: „Elon Musk/In virgin whites/I kill him in an alley over five dice“, singt Oberst gemeinsam mit Chan Marshall alias Cat Power, und natürlich ist das fiebrige, mit Jazzpiano veredelte Stück „All Threes“ von der Kunstfreiheit gedeckt.
Doch wie gehabt steht natürlich das Überleben von Oberst selbst im Zentrum. „I never thought I’d see 45/How is it that I’m still alive?“, fragt er in „Bas Jan Ader“, das aberwitzigerweise so schunkelig und eingängig tönt. „Wenn ich heute mit 44 durch die Nummern in meinem Telefon scrolle, dann ist ein Drittel bereits tot, und ich habe nur noch nicht die Kontakte gelöscht“, kommentiert er.
„Mein Großvater ist 99 geworden, aber zuletzt war er komplett allein, weil alle seine Freunde schon vor ihm gegangen waren. Ist es ein Triumph, so alt zu werden? Ich denke nicht, zumindest ist es nicht unbedingt ein Ziel von mir“, sagt er und bringt damit die Angst auf den Punkt, die Bright-Eyes-Fans bei jedem neuen Album umtreibt. Die Sorge um Conor Oberst ist gekoppelt mit dem Wunsch, ihn beim Kampf mit dem Dasein zur Seite zu haben. Wenn Oberst ein seltsames Würfelspiel als Leitmotiv wählt, immer wieder Samples aus dem Film „Suddenly“ mit Frank Sinatra einbaut und Autoren wie Mark Twain und Vladimir Nabokov referenziert, dann hilft es uns, irgendwie durch dieses Leben durchzukommen.