„Brüt“: Das wilde Wilhelmsburg auf One, NDR und in der ARD-Mediathek
Zunächst auf One und in der ARD-Mediathek, dann auch im NDR-Fernsehen: die Miniserie „Brüt“ der Regisseure Marian Freistühler und Oliver Bassemir im Rahmen des Nachwuchsprogramms „Nordlichter“.
In der ARD-Mediathek, auf One und etwas später im NDR-Fernsehen läuft die queere Serie „Brüt“, die in Hamburg zwischen Wilhelmsburg und Hammerbrook spielt und jede Menge Kämpfe um eine neu Droge bietet – aber auch Liebesgeschichten und Reibereien zwischen einer queeren WG im Wilhelmsburger Reiherstieg und einer seltsamen Gang auf dem rostigen Kahn Moby Dick, der auf der Bille in Hammerbrook festgemacht ist.
Die jungen Regisseure Marian Freistühler und Oliver Bassemir wollten in ihrer Miniserie „Brüt“ nach eigener Aussage die Elemente Crime, Mystery und Comedy zusammenbringen, und das ist ihnen absolut gelungen. Kurz angebunden die Menschen, trocken ihr Humor, ohne langes Schnacken in medias res die Handlung: „Brüt“ erzählt von der Entdeckung eines neuartigen Pilzes durch den Vater (Carlo Ljubek, „Schlafende Hunde“, „Safe“)des Serienhelden Ivo und seiner Verwertung als schon bald überall begehrten Droge, für die geklaut, entführt und erpresst wird. Das alles löst in der Folge einen kleinen Bandenkrieg aus inklusive Verfolgungsfahrten per E-Scooter durch Wilhelmsburg und über Deichwege, was alleine schon alles über den Schwerpunkt des Komischen in der Serie aussagt, genauso wie die Tatsache, dass sich Ivos Vater beim Verzehr des Pilzes vor einem Jahr zu einem 12-jährigen Kind rückentwickelte und seitdem in dieser Rolle klarkommen muss. Gleichzeitig erzählt sie die Liebesgeschichten ihres Helden Ivo (Helge Mark Lodder, „ Wir sind jetzt“) mit dem Industriellensohn Samuel (Sebastian Schneider, „Ich ich ich“, „Abendland“, kommt im August in die Kinos). Samuel will gegen den Willen seiner Eltern den Wald mitten in Wilhelmsburg roden und Wohnraum schaffen. Seine Nitzsche zitierende Mutter aber hat nicht den Erhalt der Natur im Sinn, wenn sie gegen die Pläne des Sohnes ist, im Gegenteil: Der von der Firma illegal verbuddelte Industriemüll käme wieder ans Tageslicht, wenn Samuel sein Vorhaben umsetzen würde. Mit diesem Handlungsstrang greifen die beiden Regisseure die aktuelle Politik auf, Oliver Bassemir zum Wilhelmsburger Wald, der auch Wilder Wald genannt wird: „Es stimmt wirklich, dass er gerodet und bebaut werden soll.“ Und das hat auch schon zu organisiertem Widerstand geführt. So ist die Serie in ihrer Gänze eine schöne Liebeserklärung an das raue Ambiente Wilhelmsburgs uns seiner Umgebung südlich von Hamburg inklusive der irgendwo zwischen Verwilderung und Domestizierung stehenden Natur der Region. Dass dies alles in ein queeres Setting eingebettet wurde, ist so selbstversändlich wie nebensächlich, und diese Nebensächlichkeit ist das Sahnehäubchen auf der ganzen Geschichte. Die Macher der Serie konnten mit ihrer Idee – siehe Kasten – sogar etliche Schauspielerinnen und Schauspieler für die Miniserie gewinnen, die längst ihren Durchbruch geschafft haben und mit Sicherheit aus purem Unterstützergeist mitmachten.