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Feiern und Philosophie: „Cartoon Darkness“ von Amyl And The Sniffers

Amyl And The Sniffers
Amyl And The Sniffers (Foto: John Angus Stewart)

Auf ihrem dritten Album kommen Amyl And The Sniffers erstaunlich reflektiert daher. Wie verträgt sich das mit ihrem Punkethos?

„Ich weiß, die Welt hungert nach schwarz und weiß, ja und nein, nach 010101“, sagt Frontfrau Amy Taylor. „Aber ich mag die Dinge abstrakt und kompliziert. So ist das Leben.“ Abstrakt und kompliziert? Nicht die beiden Wörter, die man am ehesten mit Punk assoziiert. Ein schlechtes Omen für das dritte Album von Amyl And The Sniffers? Sind die Vier etwa weich geworden, langweilig, spießig oder gar – bloß nicht! – erwachsen?

Amyl And The Sniffers: Ist das neue Album „Cartoon Darkness“ etwa erwachsen?

Natürlich nicht. Das Quartett aus Australien präsentiert sich auch auf „Cartoon Darkness“ so laut, grell und zornig, wie Fans es gewohnt sind. Und doch haben die letzten Jahre – nicht zuletzt der immer größere Erfolg – einiges verändert, was sich auch musikalisch niederschlägt. Vielleicht vor allem insofern, dass sich Taylor, Gitarrist Declan Mehrtens, Bassist Gus Romer und Drummer Bryce Wilson mehr denn je bewusst sind, dass sie mit ihren Songs Menschen auf der ganzen Welt erreichen. Da denkt man schon mal über große Themen nach. Dass Amyl And The Sniffers das hinkriegen, ohne auch nur ein Prozent ihrer Spaßpunk-Energie zu opfern, mag von außen einfach wirken. War es vielleicht auch. Aber beeindruckend ist es allemal.

„Ich möchte feiern“, sagt Taylor. „Ich möchte Leute beobachten, ich will Fantasie und Eskapismus, mich dem Hedonismus hingeben, mich lebendig fühlen, während sich Dystopie und Chaos um mich herum ausbreiten.“ Entsprechend ist „Cartoon Darkness“ klüger, als es auf den ersten Blick wirken mag – aber zum Glück kein bisschen mehr, als es muss. Auf „Tiny Bikini“ etwa zelebriert Taylor das Recht, sich als Frau in einer Männerwelt trotzdem weiblich zu kleiden – ohne darauf reduziert zu werden.

Auch „U should not be doing that“ wettert gegen das Patriarchat, während „Pigs“ überraschenderweise nicht von der Polizei handelt, sondern dem Schwein in uns allen: „We’re all pigs after all“. Nur vier der 13 Tracks sind dabei länger als drei Minuten, Gesang und Instrumente ballern konstant. Und „Chewing Gum“ liefert gar eine Zusammenfassung des Bandethos, vielleicht des Punk an sich: „Life is short/Life is fun/I am young, and so dumb“. Erwachsen sind Amyl And The Sniffers zum Glück noch lange nicht.

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