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„Chief of War“ auf Apple TV+: Aquaman im Lendenschurz

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Jason Momoa ist Kaʻiana, Kriegerprinz von Hawaii. (Foto: FIFTH SEASON / Chernin Entertainment / Apple TV+)

Etwas ist faul im Staate Hawaii: „Chief of War“ erzählt vom blutigen Kolonialismus des 18. Jahrhunderts. Jetzt auf Apple TV+ streamen.

Einmal alle vier oder fünf Jahre kommt eine Hollywood- oder hollywoodnahe Produktion daher, die sich traut, ihre Dialoge nicht „einzuenglischen“, sondern dem Publikum – mal mehr, mal weniger gelungen – historische Sprachverhältnisse zuzumuten: Mel Gibsons „Apocalypto“ und „Die Passion Christi“ (Mayathan resp. Aramäisch und Hebräisch) sind etwa solche Fälle. Ebenso „Prey“ von 2022 (Comanche, Französisch) oder die deutsche Serie „Barbaren“, deren authentische Wiederbelebung von Alltags- und Militärlatein vor vielen anderen Aspekten bei der Kritik Zuspruch fand.

Auch „Chief of War“, ab dem 1. 8. auf Apple TV+ zu streamen, ist gänzlich in ʻōlelo Hawaiʻi gehalten, der indigenen und mittlerweile vom Aussterben bedrohten Sprache des Archipels. Aber nicht nur linguistisch ehren die beiden Drehbuchautoren und Exekutiv-Produzenten Jason Momoa und Thomas Pa’a Sibbett ihr heimatliches Erbe: Von traditionellen Bast- und Federgewändern bis hin zur Bauweise der gezeigten Auslegerkanus und Stangenwaffen – die Ausstattung bleibt durchweg so historisch korrekt wie möglich. In aquamännlich-stoischer Manier mimt Momoa in „Chief of War“ den exilierten Kriegerprinzen Kaʻiana. Wider Willen in die hawaiianischen Einigungskriege des ausgehenden 18. Jahrhunderts hineingezogen, verteidigt er fortan die Unabhängigkeit der Inseln gegen die Herrschaftsansprüche von Kamehameha I., Häuptling von Großbritanniens Gnaden. Entsprechend fehlt es in der neun Episoden umfassenden Historienserie auch nicht an Brudermord und dynastischem Kalkül.

„Chief of War“: Der Völkerschau-Effekt

Für eine Apple-Produktion kommt „Chief of War“ ungewöhnlich ungeleckt daher – stattdessen schattig, matschig, ruppig, rau. Auch gebührt den Beteiligten Lob dafür, ein von Europäern gern unbeachtet gelassenes Kapitel polynesischer Geschichte zu erzählen. Und im Hintergrund strippenziehende Briten als Big Baddies einzusetzen, hat sich spätestens seit der „Fluch der Karibik“-Reihe bewährt. Trotz – oder gerade wegen – der Akkuratesse-Bemühungen von „Chief of War“ kommen einem westlichen, postkolonial veranlagten Publikum die Kampfrituale, Naturverehrung und Dreiviertel-Nacktheit der Figuren oft wie direkt aus der Völkerschau entnommen vor. Unterstrichen wird der Effekt von den vielfach pathetischen Dialogen, in denen es vor allem um Familienehre und Prophezeiungen geht.

Vielleicht ist es aber auch schlicht der Wink mit dem Zaunpfahl, als Weißer endlich mal die eigenen Sehgewohnheiten zu hinterfragen.

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