„Conversations“ von Jasper van’t Hof: „Ich bin kein Jazzmusiker“
Mit dem Paul Heller Trio hat Jasper van’t Hof das lupenreine Jazzalbum „Conversations“ aufgenommen. Doch der Pianist sieht das ganz anders.
Jasper, das aktuellste Jasper-van’t-Hof-Album in meinem CD-Regal ist aus dem Jahr 2012 und heißt „Oeuvre“. Interessanterweise auch eine Produktion, in der wie jetzt auf „Conversations“ ein Saxofonist eine tragende Rolle spielte: Harry Sokal. Jetzt heißt der Mann am Horn Paul Heller. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Jasper van’t Hof: Moment, habe ich zehn Jahre keine CD gemacht?
Doch, ich denke schon. Aber die habe ich eben nicht. Aber zurück zur Frage …
van’t Hof: Ah ja, Paul Heller. Für ihn habe vor einigen Jahren bei einem Workshop in Köln mitgemacht, so kam der Kontakt zustande. Wir haben seitdem zigmal zusammen gespielt und sind gut miteinander befreundet.
Ist „Conversations“ eine Jasper-van’t Hof-Produktion, oder bist du da einfach nur der Mann am Klavier, der ein bestehendes Trio ergänzt?
van’t Hof: Paul hat alles Organisatorische in die Hand genommen, etwa 60 Prozent der Stücke sind von mir, der Rest von ihm. Also gilt das Prinzip: Eins und eins macht zwei.
Herausgekommen ist ein im besten Sinne konventionelles Quartettalbum – oder tue ich euch da Unrecht?
van’t Hof: Klar ist es konventionell: Wir haben Melodien und darüber wird improvisiert. Das macht es aber nicht konservativ, denn Paul ist meiner Meinung nach einer der hipsten Saxofonisten in Europa. Wir beide lieben den Stil von Leuten wie Bob Malach und nähern uns dem an. „Conversations“ ist für mich ein Puzzle, bei dem alle Teile gut zusammenpassen. Aber das ist nur meine Meinung, und ich bin ja kein Jazzmusiker …
„Ich habe zwar im Jazz hier und da mein Ei gelegt, aber ich halte mich nicht an die juristisch festgelegten Regeln, nach denen man angeblich Jazz zu spielen hat.“ Jasper van’t Hof im Interview zum neuen Album „Conversations“.
Wie bitte?
van’t Hof: Nein, ehrlich, ich bin alles andere als ein Jazzpianist. Ich habe zwar im Jazz hier und da mein Ei gelegt, aber ich halte mich nicht an die juristisch festgelegten Regeln, nach denen man angeblich Jazz zu spielen hat. Ich bin vielleicht eine Art visueller Improvisator, auf jeden Fall bin ich ein misslungener Jazzmusiker.
In der Vergangenheit hast du dich über die Projekte Hotlips und Pili Pili definiert. Sind das abgeschlossene Phasen in deiner Karriere?
van’t Hof: Wenn du mich jetzt sehen könntest … Hier fließen gerade die Tränen über den Tisch! Pili Pili, das war wie eine Firma, die außerhalb des Jazz bestens funktioniert hat. Aber die Budgets, die du für ein solches Unternehmen brauchst, gibt es heute nicht mehr. Das gleiche gilt für Hotlips – aber es scheint niemanden zu interessieren. Who cares?
Hat das sogenannte Genre Weltmusik heute noch eine Berechtigung?
van’t Hof: Das Etikett Weltmusik habt ihr mir auf die Stirn geklebt, für mich war das immer Jasper-Musik. Ich hatte die besten Jazzsolisten bei Pili Pili – Annie Withehead oder Tony Lakatos – und diese Band war ein typisches Produkt meiner Art zu denken und zu spielen.
Hat es in deinem Leben jemals einen Moment gegeben, in dem du dich gefragt hast: Wenn meine Eltern nicht Musiker gewesen wären, hätte ich dann die Chance gehabt, einen anständigen Beruf zu erlernen?
van’t Hof: Als ich noch zur Schule gegangen bin und dort viele dunkle Momente erlebt habe, hat mein Vater immer gesagt: Wenn du so weiter machst, landest du in der Gosse. Aber dann habe ich 1968 einen Schlagzeuger getroffen, der zu mir gesagt hat: Versuch’s doch einfach. In diesem Versuchsstadium bin ich bis heute und fühle mich wohl dabei. Der Jazz ist eine sympathische Welt ohne Streit und Aggressivität. Was will man mehr?