„Crystal Wall“ im ZDF: Liebe zwischen den Klassen

In der neuen ZDF-Serie verliebt sich Bodyguard Louna in ihre schwerreiche Schutzperson. Aber gelingt das auch dem Publikum?
Von der superreichen Familie Dardenne hat Louna Loris (Anna Bardavelidze) natürlich schon gehört. Doch ihr Leben ändert sich, als sie zufällig dem jungen Erben Nicolas (Gustav Schmidt) das Leben rettet. Gegen den anfänglichen Widerstand des Personals, dafür mit kräftiger Mithilfe von Nicolas selbst, wird Louna zu seiner neuen Bodyguard ernannt. Ein Job, der der Mixed-Martial-Arts-Kämpferin wie gerufen kommt – denn der Tod ihres Vaters hängt mit den Dardennes zusammen, und sie erhofft sich von der Stellung einen Weg, die Wahrheit zu erfahren. Nebenbei muss sie allerdings mit ihren Gefühlen für Nicolas umgehen, der währenddessen mit eigenen Problemen zu kämpfen hat: Sein Vater (Bernhard Schir) will, dass er eines Tages die Firma übernimmt, doch davon hält der verwöhnte Junge gar nichts …
Die „Crystal Wall“ im Titel der Serie, die in der ZDF-Mediathek, dann bei ZDF Neo und schließlich im ZDF läuft, bezieht sich auf die unsichtbare Mauer zwischen Leuten wie Louna, die mit Bruder und Mutter in einer winzigen Wohnung lebt, und Nicolas, dem es noch nie an irgendetwas gemangelt hat. Gleich am Anfang macht Louna als Erzählerin klar, dass ihr dieser Unterschied schmerzhaft bewusst ist – und doch verliebt sie sich in Nicolas. Es ist diese Spannung, die bei einer New-Adult-Serie wie „Crystal Wall“ alles bestimmt. Das bedeutet aber auch: Die Show funktioniert nur, solange uns die Beziehung zwischen den Hauptpersonen am Herzen liegt.
Ganz schön viel lastet also auf den Schultern von Anna Bardavelidze und Gustav Schmidt. Beide sind charismatische Perfomer:innen, die ihren Figuren so viel Tiefe verleihen, wie es das Drehbuch zulässt. Leider können aber auch sie die Serie nicht immer vor der Prämisse retten. Denn während Louna als sympathische, notgedrungen manchmal ruppige Hauptfigur funktioniert – wenn sie nicht gerade die vollkommen überflüssige Narration übernehmen muss – lässt sich nur schwer nachvollziehen, was sie an Nico findet.
Klar, er ist nicht so hartherzig wie sein eiskalter Vater und rebelliert gegen den Weg, den dieser für ihn vorgezeichnet hat. Doch diese Rebellion äußert sich in kindischem Verhalten, Hedonismus und Geltungswahn. Im Laufe der Serie erfahren wir, dass auch Nico einiges an Tragik erlebt hat und eigentlich zutiefst unglücklich ist. Trotzdem fällt es schwer, allzu viel Mitgefühl für ihn zu empfinden, dazu ist er einfach zu anstrengend. Das ist womöglich gar nicht mal die Schuld der Serie – im Jahr 2025 ist es einfach eine Herausforderung, mit dem Sohn eines CEOs zu sympathisieren. Da haben es satirische Serien wie „Succession“, die die unvermeidliche Unmenschlichkeit der Superreichen aufs Korn nehmen, leichter.

Fast schon interessanter, weil weniger vorhersehbar, ist da die Beziehung zwischen Nicos Schwester Ylva (Philine Schmölzer) und dem Klatschreporter Fabian (Max Schimmelpfennig). Im Gegensatz zu Nico hat sie ihr ganzes Leben in den Dienst der Familienfirma gestellt, das Zwischenmenschliche dafür allerdings links liegen lassen. Als sich Fabian an sie heranmacht, ist sie deshalb empfänglich – auch wenn er das sehr transparent nur in der Hoffnung tut, Gossip über die Dardennes aufzuschnappen. Allerdings gerät auch ihr Hin-und-Her aus Annäherung und Wegstoßen mit der Zeit immer zäher.
„Crystal Wall“: Kein Entkommen vor den Superreichen
Überhaupt ist auch das Erzähltempo der Serie ein Knackpunkt: Bei 24 Episoden á 25 Minuten sollte es flott sein, die Serie sich so von einstündigen Prestige-Shows wie eben „Succession“ absetzen. Nach der dramatischen ersten Folge gerät die Dynamik allerdings immer wieder ins Stocken, sodass nach den zehn vorab verfügbaren Folgen rückblickend eigentlich kaum etwas passiert ist. Natürlich kann es sein, dass die großen Entwicklungen erst in der zweiten Hälfte warten, und einige Konflikte sind durchaus angelegt – allen voran das Schicksal von Lounas Vater. Aber um diese Antworten zu bekommen, muss man ganz schön viel Nico aushalten. An den Superreichen führt eben kein Weg vorbei. Vielleicht ist diese Einsicht der treffendste soziale Kommentar, den „Crystal Wall“ macht.