#cute. Inseln der Glückseligkeit?
Wann kann Verniedlichung Leid verursachen, was bleibt unausgesprochen, was wird übersehen? Was die dunklen Seiten von #cute mit uns machen.
#cute gehört zu den beliebtesten und meist verwendeten Hashtags auf Social Media. Warum eigentlich? Klar ist, wir müssen dringend über Niedlichkeit sprechen: Das ist nämlich alles gar nicht so harmlos, wie es aussieht. Die furchtbarsten Dinge können unfassbar süß verpackt sein. Kinder zu Beispiel. Mit ihrer Serie „My First Rifle“ (Abb.) porträtiert An-Sophie Kesteleyn stolze Kinder mit ihren ersten Kleinkaliberwaffen. Um Spielzeug handelt es sich hierbei wohlgemerkt nicht. Aber wieso erschrecken wir darüber? Was erwarten wir, wenn wir mit bestimmten Attributen, Farben und Figuren konfrontiert werden? Alles, was klein und süß daherkommt, mag Urinstinkte wecken: Man möchte es in den Arm nehmen, es beschützen.
Cuteness wird vermarktet, was das Zeug hält
Eine Rechnung, die so sicher aufgeht, bleibt natürlich von der Medienindustrie und der Popkultur nicht ungenutzt. Cuteness wird vermarktet, was das Zeug hält. Von der Kunst wiederum bleibt dieses Phänomen nicht unreflektiert. Das NRW-Forum stellt diesen Effekt mit #cute. Inseln der Glückseligkeit? gleichmal in Frage. Wann kann Verniedlichung Leid verursachen, was bleibt unausgesprochen, was wird übersehen? Die dunklen Seiten der Verharmlosung stecken tief im Putzigem – das weiß auch die junge Filmemacherin Brenda Lien. Ihr Kurzfilm „Call of Cuteness“ (2017) schaffte es mit seinem verstörenden Potential auf die Oscar-Shortlist. Wer Liens malträtierte Katzen sieht, mag sich bei so manchem Internetvideo fragen: Wieso brauchen wir das?
Wenn Subjekte zu Objekten gemacht werden, geht es um Macht
Wenn Subjekte zu Objekten gemacht werden, die der ausbeuterischen Unterhaltung oder Begierde dienen, geht es um Macht. Und den Luxus, der auf dem Rücken anderer ausgetragen wird. Die Dimensionen der Verniedlichung reichen tief in gesellschaftliche Strukturen und werden somit zum Politikum. Eine Alltagsästhetik, die zu sozialen (und vor allem Gender-) Normierungen führt, bezeichnet der japanische Begriff kawaii (süß, kindlich). Aya Kakeda verkehrt diesen Begriff ins Gegenteil und verwandelt ihre friedlich-rundlichen Keramikfigürchen in groteske Albtraumwesen.
Der anonyme Instagramkünstler @betrayaljunkie aka FALK bastelt lieber Collagen aus Found-Footage. Hier treffen Mädchenbeine, rosa Schleifchen und Chihuahua-Stupsnasen auf Innereien. Wer sich hier ekelt, darf sich gerne fragen, wieso.
Mit einer Verlängerung bis zum 18. April lädt Düsseldorf ein, Niedlichkeit zu hinterfragen.
Alle weiteren Infos zur Ausstellung gibt es auf der Webseite des NRW-Forums.