Das Ende einer Jagd: „Dark Rainbow“ von Frank Carter & The Rattlesnakes
Für Frank Carter & The Rattlesnakes ist es mit „Dark Rainbow“ an der Zeit, die Idee des Rockstars zu beerdigen.
Es heißt, am Ende eines jeden Regenbogens wartet ein Topf voll Gold. Wer im Geografieunterricht aufgepasst hat, weiß jedoch, dass ein Regenbogen ein Kreis ist und damit weder Anfang noch Ende hat. Die Schlechtwetter-Schatzsuche ist demnach wie die Quadratur des Kreises: völlig aussichtslos. Lange war Frank Carter so ein Schatzsucher. Getrieben von der Illusion des Rockstar-Lebens, des abgründigen Glamours und des endlosen Erfolges. Doch mit „Dark Rainbow“ erklärt er die Jagd nun für beendet: „Ich hatte ein schönes Auto, ich hatte eine anständige Menge Geld, inzwischen ist mir das alles scheißegal“, so Carter. Been there, done that: To-Do-Liste erweitert.
Tatsächlich hat es vor nicht allzu langer Zeit noch danach ausgesehen, als könnte Carter wirklich einer dieser Mainstage-Superrockstars werden. Februar 2020: Im ausverkauften Londoner Alexander Palace feiern 10 000 Fans, sie alle singen euphorisch die Rattlesnakes-Hymnen mit. Doch die Pandemie hat als Wellenbrecher wohl ganz gutgetan. Schließlich stammt der Brite eigentlich aus einer anderen Tradition: Hardcore, Punk, Chaos. Und so fordert er gemeinsam mit seiner besseren Rattlesnakes-Hälfte Dean Richardson auf dem fünften gemeinsamen Release den amerikanischen Rockstar-Typus heraus. Während das Duo auf „Man of the Hour“ und „Superstar“ selbstreferentiell mit alten Ambitionen und Startum kokettiert und auf American Spirit“ traditionellen Bluesrock zitiert, verkündet Carter höhnisch: „Push it to the Limit/This is the American Spirit“.
Muss der Rockstar sterben?
„Dark Rainbow“ lässt den Rockstar taumeln, auf dem Schlafzimmerboden zusammenbrechen („Brambels“) und mit sich selbst in den Kampf treten („Self Love“). „Wir reden darüber, dass der Rock’n’Roll niemals sterben wird, aber wir reden nie darüber, dass die Idee des Rockstars vielleicht sterben sollte“, fasst Carter das Album lapidar zusammen. Und so ist auch der Sound ungewohnt sparsam. Oft gibt das Piano den Ton an, und Streicher mischen sich unter die E-Gitarren. Passend wurden Carters Gesangsspuren im Wintergarten seiner Gesangslehrerin Lorna Blackwood aufgenommen. Doch zwischen all der begrüßenswerten, neuentdeckten Softness lassen sich Carter und Richardson noch ein Hintertürchen offen und schmettern mit „Happier Days“ eine große Stadion-Hymne à la Twenty One Pilots. Denn wer weiß schon, was passiert, wenn die Sonne wieder scheint?